Pressekritiken über das Theater der Kulturinitiative Filou
1997 - 1998 - 1999 - 2000 - 2001 - 2002 - 2003

1997
"Der Liebhaber" von Harold Pinter, Premiere:13.09.1997
"Trotz aller Therapie" von Christopher Durang, Premiere:04.10.1997
"Das andere Zimmer" von Zbigniew Herbert, Premiere:24.10.1997
"Liiiebe" von Murray Schisgal, Premiere:25.10.1997

1998
"Der Mann von La Mancha" von Dale Wasserman/Mitch Leigh, Premiere: 07.02.1998
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Der Fänger" von David Parker, Premiere: 14.03.1998
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II. Programm" vom Tanztheater Filou, Premiere: 02.05.1998
"Hallo und Goodbye" von Athol Fugard, Premiere: 12.08.1998
"Kunst" von Yasemina Reza, Premiere: 03.10.1998

1999
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Fette Männer im Rock" von Nicky Silver, Premiere: 12.06.1999
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Popcorn" von Ben Elton, Premiere: 07.08.1999
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Krabat" von Ottfried Preußer, Marktplatzspektakel 1999, Premiere: 20.08.1999
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Vermummte" von Ilan Hatsor, Premiere: 02.10.1999
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Enigma" von Eric-Emmanuel Schmitt, Premiere: 31.10.1999
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(Auch) Bilder einer Ausstellung" vom Tanztheater Filou, Premiere: 27.11.1999
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Der Lebkuchenmann" von David Wood, Premiere: 12.12.1999

2000
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Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht" von Ephraim Kishon, Premiere: 14.04.2000
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Der Streit" von Pierre de Marivaux, Premiere: 07.10.2000

2001
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Ich hätt' so gern 'ne Frittenschmiede aufgemacht" Frauentheater-Gruppe Bloodymary, 
  Premiere: 10.03.2001
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Der Hochzeitstag" von Chazz Palminteri, Premiere: 07.04.2001
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Aqua" von Tanztheater Filou, Premiere: 11.05.2001
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Maschimaschine" von Paul Maar, Premiere: 27.10.2001
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Das Märchen von dem Dilldapp" von G. Kelling nach Clemens Brentano, Premiere: 25.11.2001
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Die Räuber" von Friedrich Schiller, Premiere: 15.12.2001

2002
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Disco Pigs " vonEnda Walsh, Premiere: 23.02.2002
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Das besondere Leben der Hilletje Jans" von Ad de Bont, Premiere: 10.03.2002
"Feuergesicht" von Marius von Mayenburg, Premiere: 30.03.2002
"Cash - Und ewig rauschen die Gelder" von Michael Cooney, Premiere: 13.04.2002
"Figaros Hochzeit " von Gerd Sprenger, Premiere: 25.05.2002
"Der Talismann " von Johann Nestroy, Premiere: 13.07.2002
"Die Sommergeschwister " von Cesare Lievi, Premiere: 01.09.2002
"Hilfe, die Herdmanns kommen!" von Babara Robinson, Premiere: 08.12.2002

2003
"Ein Sommernachtstraum " von William Shakespeare, Premiere: 11.01.2003
"Helden wie wir" von Thomas Brussig, Premiere: 22.02.2003
"Creeps"von Lutz Hübner, Premiere: 05.04.2003
"Der Kontrabaß"von Patrik Süskind, Premiere: 02.05.2003
"P'tit Albert"von Jean-Marie Frin, Premiere: 18.05.2003
"Fein aber gemein"von Ulrich Engelmann, Premiere: 13.06.2003
"Brennende Finsternis"von Antonio Buero-Vallejo, Premiere: 19.07.2003
"Die Seiltänzerin "von Mike Kenny, Premiere: 28.09.2003
"Der glückliche Prinz"von Oscar Wilde, Premiere: 11.10.2003
"Die verflixte Hexenprüfung"von Samira Rippegather, Premiere: 08.11.2003"
"J.C. 2003"von Musical-Chor der Kulturinitiative Filou e.V., Premiere: 05.12.2003

Verwirrspiel um Gefühle zog Publikum in den Bann

Beckum. Bedrohlich klingt die Trommel. Dumpf hallen die Töne durch den Saal - exotisch, fremd, außergewöhnlich. Mit einer ungewöhnlichen "Ouvertüre" beginnt das Theaterstück "Der Liebhaber" von Harold Pinter, das im Beckumer Stadttheater zur Aufführung gebracht wird. Trommelschläge hallen durch den abgedunkelten Saal. Die Spannung nimmt bedrohlich zu, die Zuschauer warten gespannt auf das Schauspiel.
Dieses präsentiert sich anfangs fad. Nicht, dass die Schauspieler schlecht gespielt hätten, das Stück will es so. Inszeniert werden Szenen eines Ehealltages. Nach zehn Jahren Ehe hat sich bei Richard und Sarah Tristess eingeschlichen. Das Ehepaar lebt eine fade Ehe, sie lieben sich, das wird immer wieder betont, doch sie leben aneinander vorbei. Sie kocht ihm den Kaffee, er nimmt einen Schluck. Sie rückt ihm die Krawatte zurecht, er verabschiedet sich ins Büro.
Doch aufgepasst, jetzt wird es interessant: Aus dieser vermeintlichen Monotonie herausfragt Richard seine Frau schon im Weggehen. "Kommt heute nachmittag Dein Liebhaber?" Mit sinnlicher Vorfreude bejaht Sarah diese Frage. Für die beiden scheint es kein Problem zu sein. Zu Beginn ihrer Ehe haben sie sich dazu entschlossen, eine moderne, offene Ehe zu führen. Liebhaber dürfen sich beide gönnen.
Jetzt kommt Leben ins Stück. Die Tristess weicht eifriger Geschäftigkeit. Die graue Maus Sarah verwandelt sich in eine attraktive, verführerische Frau. Sie schminkt sich, zieht das ,,kleine Schwarze" an und räkelt sich auf dem Sofa. Kurz darauf erscheint der Liebhaber Max, und es beginnt ein erotisches Spiel um Erfüllung von Phantasien.
Jetzt bekommt eine Bongotrommel eine besondere Bedeutung. Das exotische und fremde, bedrohlich und rhythmische Instrument wird sinnbildlich für die vertrackte Beziehung eingesetzt. Denn nach einer Weile wird klar das, der Liebhaber auch gleichzeitig der Ehemann ist - Richard und Max sind eine Person. Im Laufe des Theaterstückes zeigt sich, dass mit dieser brisanten Situation niemand so recht umzugehen vermag. Das Spiel wird bitterer Ernst und die Beziehung läuft Gefahr auseinander zu brechen.
"Der Liebhaber" - ein interessantes Theaterstück, das zum nachdenken einlädt, wundervoll gespielt von Ralf Klatt und Anja Thülig. Beide steigern sich mit erstaunlicher Professionalität in ihre Rollen hinein, so dass das Verwirrspiel um Gefühle, Liebe und Erotik glaubwürdig dargestellt wird.
Noch einmal hebt sich am Samstag, 20. September, um 20 Uhr der Vorhang zum Theaterstück der Kulturinitiative Filou.
Andreas Wartala - Die Glocke 16.09.1997

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Trotz aller Therapie: Tolle Premiere auf der Filou-Bühne

Beckum. Was passiert, wenn ein psychisch gestörter Mann eine Heiratsanzeige aufgibt, auf die dann schließlich eine ebenso verrückte junge Frau antwortet? Klarer Fall, die beiden landen schon nach kurzer Zeit wieder in der sicheren Verwahrung ihrer Therapeuten. Dort aber kommen sie nicht etwa in den Genuß von Heilung, sondern werden statt dessen zusätzlich den verworrenen Gedanken ihrer Seelenklempner ausgesetzt. So bleiben weitere Chaossituationen nicht aus, und das ,,Trotz aller Therapie".
Die gleichnamige Komödie von Christopher Durang erfuhr am Samstag im Beckumer Stadttheater eine äußerst gelungene Premiere. Aufgeführt wurde sie von der jungen Schauspielgruppe der Kulturinitiative Filou. Seit Mai hatte man unter den bewährten Regiepartnern Simon Schega und Tim Sundermann an eine erfolgreiche Umsetzung des humoristischen Stückes gearbeitet. Bestätigt wurden diese am Ende von einem begeisterten Publikum, das die Darsteller mitstehenden Ovationen und tosendem Applaus feierte.
Neben einer guten Inszenierung überzeugte bei ,,Trotz aller Therapie" vor allem auch ein frecher Dialogstil und die moderne Handlung. Bruce (gespielt von Klaus Teigel) ist zwar eindeutig bisexuell, lässt sich aber dennoch auf die besagte Kontaktanzeige ein. Dabei lernt er die attraktive Prudence (Katrin Hansmeier) kennen, die gerade erst ihr letztes Liebesabenteuer mit ihrem Psychologen Stuart (Simon Schega) überwunden hat. Auch Bruce ist in Behandlung, nämlich bei der etwas überdrehten Charlotte Wallace (Manuela Schürmann). Beeinträchtigt von den schrägen Ratschlägen ihrer Therapeuten endet der erste gemeinsame Abend in einem herben Fiasko. Erst beim zweiten Aufeinandertreffen kommt das seltsame Paar sich näher. Was aber wird Bob (Tim Sundermann) dazu sagen, der bisher eine glückliche Beziehung mit Bruce führte? Und welche Rolle spielt dabei eigentlich der korrekte Kellner Andrew (Christoph Münstermann)?
Diesen und anderen Fragen können Theaterfreunde noch in zwei weiteren Aufführungen auf den Grund gehen. Sie finden am kommenden Samstag und Sonntag im nunmehr modernisierten Stadttheater am Lippweg statt. Weitere Lachsalven sind auch am 2. November garantiert, wenn die Schauspieltruppe mit ihrem Stück in der Ahlener Schuhfabrik gastiert. Beginn ist jeweils um 20 Uhr.
Freuen dürfen sich die Zuschauer diesmal nicht nur auf ein unterhaltsames Theaterstück, sondern auch auf die Umbaupausen. Immer dann nämlich stellt Sascha Eickelmann sein unbestrittenes Talent als grandioser Komiker unter Beweis, welches ihm schon bei der Premiere am Samstag verdienten Sonderapplaus eingebracht hat.
Marc Ossenbrink, Die Glocke 07.10.1997

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Besonderes Stück begeisterte Publikum

Beckum. Im anderen Zimmer nebenan wohnt eine einsame alte Frau. Sie zieht nicht weg, sie stirbt nicht. Zwei junge Menschen warten auf den Tod der Alten. Ein unerträgliches Warten, das in dem Stück „Das andere Zimmer" von Zbigniew Herbert thematisiert wird.
Mit einer spannenden Inszenierung vom Regisseur Christian Tietz gelang den beiden Schauspielern Isabella Szendzielorz und Christopher Zumbült am Freitag eine außergewöhnliche Premiere im Stadttheater.
"Machen wir Schluss": Er spielt mit dem Gedanken, die Alte zu töten. Aber "was sollen wir machen. Wir können nur warten". So einigen sie sich zunächst darauf, ihren Tod abzuwarten. Doch dann hat sie die Idee, der Nachbarin einen Brief zu schicken, der sie per angeblicher Verfügung auffordert, ihr Zimmer zu verlassen "Wir werden frei sein!" lautet die große Hoffnung der jungen Frau. Der Brief kommt an, und ab jetzt rührt sich nichts mehr nebenan...
"Das andere Zimmer" erzählt die Geschichte von zwei jungen Leuten, die sich durch alten Menschen ihrer Freiheit beraubt fühlen. Es beschreibt die Einengung, durch die sich Menschen in der Gesellschaft bedroht fühlen, und die sie zu unlauteren Mitteln greifen lässt. Selbst vor dem Töten schreckt man nicht zurück. - Aber eigentlich wurde ja "nur" ein Brief abgeschickt.
Dank der schauspielerischen Leistung und der Nahe zum Publikum, das auf der Bühne saß, erlebte der Zuschauer ein - außergewöhnliches Theaterstück.
Manuela Schürmann, Die Glocke am 27.10.97

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Mit "Liiiebe" auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Beckum. Nach 15 Jahren treffen sich zwei alte Schulfreunde wieder: Milt geht es gut. Er ist erfolgreich und verheiratet. Harry dagegen suchte die ganze Zeit nach einem Lebensprinzip, das er bis jetzt nicht finden konnte. Sein einziger Ausweg: Der Sturz von der Brücke. ,,Versuchen wir es mit der Liebe!"- lautet der Vorschlag von Milt. Die ,,Liiiebe"- sie bietet den einzigen Lichtblick in dem gleichnamigen Stück von Murray Schisgal, mit dem ein dreiköpfiges Theaterteam am Samstag im Stadttheater eine erfolgreiche Premiere feierte.
In Sachen Liebe will Milt (Kai Windhövel) Harry auf die Beine helfen. So kommt es, dass er Harry (Christopher Zumbült) und seine Ehefrau Ellen (Isabella Szendzielorz), die er gerne los werden möchte, miteinander bekannt macht. Und tatsächlich funktioniert sein Plan. Nach anhänglichen Schwierigkeiten verlieben sich die beiden und wollen heiraten. So steht auch Milt der Weg zu seiner von ihm gewünschten Hochzeit mit einer anderen Frau nichts mehr im Wege.
Nachdem das Leben für alle drei zunächst sinnlos erschien - der eine hängte sich einen Strick um den Hals, der nächste hielt sich ein Messer vor die Brust - hat die „Liiiebe" nun die Oberhand gewonnen...
Mit einer wieder einmal besonderen Inszenierung der etwas anderen Art von Christian Tietz überzeugten die Akteure in dem humorvollen Theaterstück ihre Zuschauer. Diese saßen im Kreis auf der Bühne. In der Mitte befand sich der Ort des Geschehens, die Brücke eines ,,riesigen Flusses", der so manches Mal eine besondere Rolle spielte.
Wer dieses besondere Stück Theater miterleben möchte, der hat die Gelegenheit hierzu noch am nächsten Samstag, 1. November um 19 und 22 Uhr.
Manuela Schürmann, Die Glocke 28.Oktober 1997

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Don Quixote - grandioser Ritter von trauriger Gestalt

Beckum. Einen grandiosen Premierenerfolg verbuchte am vergangenen Samstag die Theatergruppe Albert M. vor ausverkauftem Haus im Stadttheater Beckum mit dem Musical "Der Mann von La Mancha". Hinter dem Mann von La Mancha verbirgt sich die weltberühmte Figur der Weltliteratur in einer Adaption für das Theater von Dale Wasserman: Don Quixote, der Ritter von der traurigen Gestalt.
Ungewöhnlich und faszinierend zugleich ist dabei, dass nicht allein die historische Figur Don Quixotes die Handlung bestimmt, sondern vielmehr ihr Autor selbst, Miguel de Cervantes, in die phantastische Welt dieser tragischen Gestalt eintaucht und so den Zuschauer die Wirkung des Werkes auf seinen Schöpfer reflektieren lässt.
Eng verwoben finden sich Musik und Text mit dem klassischen Werk des frühen 17. Jahrhunderts und den Anforderungen an modernes Musiktheater, womit die Autoren Mitch Leigh, Dale Wasserman und Joe Darton eine wahre schauspielerische Meisterleistung vollbracht haben.
Dass sich die Theatergruppe an dieses anspruchsvolle Stück wagte, verdankt sie Regisseur Klaus-Werner Mimberg, der hier das richtige Gespür für seine Truppe bewiesen hat. Ausgezeichnete Arbeit leistete vor allem auch Jörg Halubek, der das speziell für dieses Projekt zusammengestellte Orchester mit Holz- und Blechbläsern, Schlagzeug, Gitarren und Kontrabass leitete. Das eindrucksvolle Bühnenbild entwarf Karl-Heinz Hellmann, während Antje Berning mit den Schauspielern die choreographischen Szenen einstudierte.
Handlungsort ist ein Kerker der Inquisition in Spanien, in den auch der Dichter Cervantes (Klaus Teigel) mit seinem Diener (Martin Jazra) geworfen werden. Einen Ausweg aus dieser hoffnungslosen Situation sieht Cervantes nur in der Verquickung seinerselbst mit der historischen Figur des Don Quixote (mit seinem Schildknappen), wobei die Mitgefangenen nach und nach in verschiedene Rollen schlüpfen. Die grobe Hure Aldonza (Marion Baltzer) wird für ihn zur feinen Dame Dulicinea oder den Wirt einer Schenke (Sebastian Schieb) hält er für einen Kastellan. Dr. Carrasco (Malte Peters) versucht den alten Narren von seinen Hirngespinsten zu heilen und nur dem Padre (Thomas Krohn) scheint Don Quixotes Lebensphilosophie nicht ganz fremd: "Tatsachen sind Feinde der Wahrheit".
Für Momente sieht sich der Zuschauer selbst in den emotionalen Zusammenhang des Stückes gestellt, das durch die Lebendigkeit der Szenen und die schauspielerische und musikalische Glanzleistung der Akteure zu einem Theatererlebnis allererster Güte wird, für das sich das Publikum am Premierenabend mit tosendem Applaus und stehenden Ovationen bedankte. Für zwei weitere Aufführungen am Freitag 13. Februar und Samstag, 14 Februar, jeweils um 20 Uhr im Stadttheater, können unter Tel. 02521/15477 Karten vorbestellt werden.
Findorff-Otto, Die Glocke 10.Februar 1998

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Gelungene Premiere auf der Filou-Bühne

Beckum. Ein dunkler, hoher Kellerraum scheint zweckentfremdet: Gutausgestattet mit: einem Bett, einem Tisch, mit Sessel und Stühlen, Regale bis oben hin gefüllt mit Büchern. Wir seinen Besitzer allerdings erfüllt der Raum, in dem er all sein geliebtes Hab und Gut hat, den richtigen Zweck. Denn niemand kann flüchten: Die gefangenen Schmetterlinge ebenso wenig wie die 21jährige Studentin Miranda.
"Der Fänger" ist Ferdinand Celli, leidenschaftlicher Schmetterlingssammler und besessen von der Idee, Marinade Liebe für sich zu gewinnen. Für die Angebetete ein Alptraum, den die Zuschauer am Samstag bei der Premiere des Stücks "Der Fänger" von David Parker im Stadttheater miterlebten. In der von Tim Sundermann ausgefeilten Inszenierung wird der verzweifelte Kampf Mirandas um Freiheit ausdrucksstark umgesetzt. Höchste Anerkennung verdienen Meike Wiemann (Miranda) und Christoph Münstermann (Clegg), die ein eindrucksvolles Bild vom Seelenleben der Protagonisten zeichneten.
"Du würdest Dich mit mir schämen," so kennt Clegg nur noch einen Weg, mit ihr zusammen zu sein. Gefangen genommen von dem Mann, der ihre Liebe erzwingen will, schließt Miranda einen Lenköl für ihre Freilassung ab. Doch von gegenseitigem Vertrauen kann nicht die Rede sein. Ihre verzweifelten Versuche zu entkommen sind zum Scheitern verurteilt. Lange bleibt die Frage: ist Clegg ein besessener, vor nichts zurückschreckender Psychopath oder ein verrückter Verlierer auf der verzweifelten Suche nach Liebe?
Das ergreifende Stück, das mit solch tiefer Ernsthaftigkeit selten auf der Filou-Bühne zu sehen ist, steht noch am 22. März, 5. und 8. April um 20 Uhr auf dem Spielplan des Stadttheaters.
Manuela Schürmann - Die Glocke, 16.03.98

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Mit Tanztheater die Zuschauer begeistert

Beckum. Dass sich ein beziehungsmüdes Ehepaar zwischen Bügelbrett und Kochwäsche genervt durch die Fernsehkanäle zappt, ist an sich noch nichts außergewöhnliches. Wenn dieses Ehepaar aber seinen Streit um die Fernbedienung ausgerechnet im Beckumer Stadttheater austrägt und dabei zufällig das "II. Programm" des Tanztheaters Filou einschaltet, dann ist sämtliche Langeweile ganz schnell verflogen.
Mit schwungvoller Musik und ausdrucksstarken Choreographien zogen die knapp 30 jungen Tänzerinnen und Tänzer die Zuschauer im ausverkauften Theater mühelos in ihren Bann und ließen bei ihrer zweiten Bühnenproduktion kaum ein Fernsehgenre aus. Ob Krimi, Wildwest-Schinken oder Kultursendung - die gelungene Kombination aus Sport und Unterhaltung hätte sicherlich jeden Programmdirektor von der Notwendigkeit eines eigenen Tanzkanals überzeugt.
Schnell wurde deutlich welch großartige Arbeit Bettina Essmeier und Antje Berning, Leiterinnen des Tanztheaters, im vergangenen halben Jahr mit ihren Schützlingen geleistet haben.
Den Auftakt an diesem Abend bildete allerdings die lustige Darbietung der Kindertanzklassen unter der Leitung von Carolin Quos, gefolgt von den berühmten "Backstreet-Girls". Andalusisches Feuer wurde durch einen temperamentvollen Flamenco der Münsteraner Gastchoreographin Carmen Lopez auf der Bühne entfacht, das auch durch die Synchronschwimmer der "Sportschau" nicht zu löschen war.
Für treffende Abwechslung sorgten zwischendurch immer wieder die neckischen Wortgefechte der beiden "Röhrengucker" Else und Alfred (Ute Junker und Hubertus Ruhmann), die nur selten auf eine gemeinsamen Programmwahl hinausliefen.
Effektvoll und faszinierend gestaltete sich das getanzte Science-fiction-Abenteuer "Grüße aus dem Universum", nachdem schon zuvor dubiose Geldübergaben, galante Balletttänzerinnen und hübsche Indianerfrauen auf der Bühne des Stadttheaters zu bewundern waren. Zum Abschluss ließen es sich Bettina Essmeier und Antje Berning natürlich nicht nehmen, ihre eigenen Tanzkünste unter Beweis zu stellen und ein fulminantes Finale einzuleiten. Mit stehenden Ovationen bedankte sich schließlich das begeisterte Premierenpublikum für diesen außergewöhnlichen (Fernseh )Abend und gewann dem Ensemble sogar noch eine Zugabe ab.
Weitere Vorstellungen können am 8./9. Mai und am 16./17. Mai jeweils um 20 Uhr besucht werden. Kartenvorbestellungen sind bei der Kulturinitiative Filou (02521/ 15477) möglich.
Marc Ossenbrink - Die Glocke, 06.05.98

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Duo glänzte in Charakterrollen

Beckum. "Bühne frei" lautet fortan wieder das Motto im Beckumer Stadttheater. Mit der Aufführung von "Hallo und Goodbye" wurde eine gelungene Premiere gefeiert und gleichzeitig die Sommerpause der Kulturinitiative Filou beendet.
Das anspruchsvolle Zwei-Personen-Stück des südafrikanischen Autors Athol Fugard beleuchtet tiefgreifend das Wiedersehen eines Geschwisterpaares, das trotz aller Gegensätze durch eine gemeinsame Vergangenheit verbunden ist. Johnnie Smit (Kai Windhövel) kümmert sich nach dem Tod seiner Mutter allein um seinen verkrüppelten Vater. Da plötzlich steht Hester (Isabella Szendzielorz) in der Küche. Nach 15 Jahren ist sie zurückgekehrt. Sie hat sich verändert, doch geblieben ist ihr Hass. Der Hass auf die eigene Herkunft, auf die schäbige Wohnung, auf den Vater. Rebellisch und lebensfeindlich steht sie vor Johnnie, der sich mittlerweile völlig dem Dasein ergeben hat, vor dem seine Schwester damals geflohen ist.
"Warum bist du zurückgekehrt", möchte er wissen. Sie sagt, sie sei auf der Durchreise, nur für ein "Hallo und Goodbye". Doch Johnnie glaubt ihr nicht. Sie muss etwas im Schilde führen. Und tatsächlich: Hester wartet auf den Tod ihres Vaters und verlangt schon jetzt die Hälfte der Abfindung, die ihr Vater nach seinem Unfall von seiner Firma ausgezahlt bekommen hat. Das Geld muss in einem der Kartons versteckt sein, die der Vater stets vor seinen Kindern verschlossen gehalten hat. Gegen das Versprechen, im Anschluss für immer zu verschwinden schafft Johnnie seiner Schwester schließlich die verbotenen Kartons herbei. Doch deren Inhalte verfremden das eigentliche Ziel. Aus der Suche nach Geld wird plötzlich eine Suche nach einem Ursprung, der dem Leben einen wirklichen Sinn gibt.
Unter der Regie von Christian Tietz ist es dem eingespielten Schauspielduo Isabella Szendzielorz und Kai Windhövel einmal mehr eindrucksvoll gelungen, vielschichtige Charakterrollen auf der Theaterbühne darzustellen. Den Zuschauern werden nach und nach Einblicke in die verschiedenen Welten der Geschwister Smit gewährt, bis sie sich trotz aller Kontroversen schließlich mit beiden Personen identifizieren können.
Marc Ossenbrink- Die Glocke, 14.08.98

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Moderne Kunst in Komödie auf den Prüfstand gestellt

Beckum. Dass Schönheit stets im Auge des Betrachters liegt, ist hinreichend bekannt. Was aber ist "Kunst"? - Über diese Frage wurde am Samstag heftig auf der Bühne des Beckumer Stadttheaters gestritten, wo das gleichnamige Stück von Yasmina Reza eine gelungene Premiere feierte.
Serge (gespielt von Hermann Fischer) ist stolzer Besitzer eines neuen Ölgemäldes. Zweifellos ist es im schlichten Weiß gehalten, nur bei ganz genauem Hinsehen lassen sich zarte Querstreifen auf dem Bild erkennen. Der Preis? Nun, es war nicht ganz billig, umgerechnet etwa 60 000 Mark, aber Serge ist mit dem Kauf zufrieden. Schließlich handelt es sich bei dem Werk nicht um ein beliebiges Gemälde, sondern um einen echten "Antrios".
Sein langjähriger Freund Marc (Hubertus Ruhmann) ist dagegen entsetzt: "Soviel Geld für dieses weiße Bild?" Marc versteht die Welt nicht mehr und zweifelt ernsthaft an Serges Verstand. Aber Gott sei Dank gibt es da ja noch Yvan an (Ralf Klatt), der dritte im Bunde. Yvan steht kurz vor seiner Hochzeit und ist ohnehin schon sehr angespannt. Da kommt ihm der Streit seiner beiden Kumpanen natürlich äußerst ungelegen. Was also bleibt ihm anderes übrig als zwischen den Fronten zu klären?
Natürlich sei das Bild etwas teuer gewesen, bemerkt er, aber immerhin: die Farben sprechen ihn irgendwie an. "Aber es gibt doch gar keine Farben", kreischt Serge, und allmählich droht die Situation zu eskalieren. Aus dem Streit um das Bild entwickelt sich eine harte Zerreißprobe für das Trio, in der kein seelischer Tiefschlag ausgelassen wird.
Unter der Regie von Klaus Leimkühler ist es dem Filou-Team gelungen, die ganze Vielfalt des Stückes auf die Bühne zu bringen. Während Hubertus Ruhmann vor Zynismus und Sarkasmus geradezu übersprudelt, fällt es Hermann Fischer in der Rolle des Serge sichtbar leicht, den Angriffen seines Freundes mit der nötigen Arroganz und Unantastbarkeit den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Zum Publikumsliebling avanciert aber eindeutig Ralf Klatt, der zunächst als völlig überforderter Schiedsrichter fungiert und schließlich selbst von seinen beiden Freunden zum Schuldigen der Auseinandersetzung ernannt wird.
Autorin Yasmina Reza, die mit "Kunst" im Jahr 1994 zur weltweit meist gespielten Dramatikerin wurde, kritisiert mit diesem Stück geschickt den Irrsinn der modernen Kunst und stellt sich damit auf eine Stufe mit dem berühmten Satiriker Ephraim Kishon, der dieses Thema ja ebenfalls hinreichend literarisch verarbeitet hat.
Weitere Aufführungen können im Stadttheater am 16. und 17. Oktober sowie am 27. und 28. November besucht werden. Karten gibt's bei Filou, Telefon 02521-15477.
Marc Ossenbrink - Die Glocke 6.10.1998

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Mit "Fette Männer im Rock" Herausforderung gemeistert

Beckum. Mit Nicky Silvers "Fette Männer im Rock" brachte die Kulturinitiative Filou am Samstag wieder eine Eigenproduktion auf die Bühne. Es war, das soll gleich am Anfang gesagt werden, einen erfolgreiche Premiere
Das Schauspiel, eine Mischung aus Soap-Opera und schwarzer Komödie, lässt kein Tabu zwischenmenschlicher Beziehungen aus: Ehebruch, Inzest, Vergewaltigung Kannibalismus. Seine Sprache ist drastisch, nichts für empfindliche Seelen.
Der Handlungsfaden des Stücks, der in seinem Ablauf wohl kaum an der Realität gemessen werden will, ist schnell abgewickelt: Mutter und Sohn, Phyllis und Bishop Hogan, überleben als einzige einen Flugzeugabsturz. Erst nach fünf Jahren auf einer einsamen Insel findet die Robinsonade ihr unverhofftes Ende. In ihrer Abwesenheit vergnügt sich Vater Howard mit Pamela, einer seiner zahlreichen Geliebten. Als Mutter und Sohn nach Hause zurückkehren, wird die Lage aller ausweglos: Howard will sich nicht von seiner Familie trennen; Pamela beansprucht weiter ihren Platz im Hause Hogan. Mutter und Sohn erscheinen als Folge ihres Insellebens in hohem Maße geistig verwirrt unfähig sich in der Realität zurechtzufinden. Die Lösung des Konflikts gerät zum Chaos, die Erlösung des in seiner naiven Brutalität immer wilder werdenden Bishop zum tragischen Ereignis.
Die vier Darsteller unter der Regie von Marc Ossenbrink und Hubertus Ruhmann waren nach eigener Aussage mit gemischten Gefühlen. an die Aufgabe herangegangen, dieses ungewöhnliche Schauspiel zu verwirklichen. Der Verlauf des Premierenabends jedoch zeigte schon bald: Es gelang ihnen mit Erfolg, die Emotionen des Publikums auf sich und ihr Spiel zu ziehen und zwischen den Extremen von Erheiterung und Entsetzen hin und her zu treiben.
Katrin Stratmann und Andreas Meschede waren die beiden Doppelrollen des Stücks zugefallen. Andreas Meschede spielte den Vater Hogan, dessen Hilflosigkeit in Konfliktsituationen und im Umgang mit seinem Sohn er glaubhafte Züge verlieh. Katrin Stratmann in der Rolle der Pamela überzeugte als die Frau, die weiß, was sie will, die aber auch zu Mitgefühl mit ihrer Rivalin fähig ist. Beide jedoch, sowohl Meschede wie Stratmann, schienen sich in ihren zweiten Rollen, als Dr. Nestor beziehungsweise als Popo Martin, wohler zu fühlen. Gerade als die geistig verwirrte Popo zeigte Katrin Stratmann ihr ganze Spielfreude und ihr komödiantisches Können. Birgit Teckentrup hatte es nicht leicht, die Entwicklung der Phyllis Hogan von einem blonden, manchmal verträumten Dummchen zu einer im Geist verwirrten Frau nachzuvollziehen. Sie spielte sich aber mehr und mehr in die Rolle hinein und füllte sie glaubhaft mit Leben. Eindeutig hervorzuheben vor der großen Gesamtleistung aller Darsteller ist die Überzeugungskraft, mit der Marc Ossenbrink die Rolle des Bishop Hogans gestaltete.
Filou wird das Stück noch an zwei weiteren Terminen am kommenden Wochenende (19. und 20. Juni) und im September auf dem Programm haben. Der Besuch lohnt sich.
Ernst Eggert – Die Glocke, 15.Juni 1999

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"Popcorn" ein knalliger Start in die neue Spielzeit

Beckum. Wer übernimmt die Verantwortung für das wahllose Töten von Wayne und Scout? Diese Frage muss jeder der Besucher der Premierenvorstellung von der "blutigen" Hollywoodsatire "Popcorn" im Stadttheater für sich selber beantworten. Gleich zu Beginn der neuen Spielzeit liefert Ralf Klatt mit einem modernen Stück von Ben Elton einen Knaller der Extraklasse.
Zuerst sieht alles nach einem angenehmen Leben einer Hollywoodgröße aus: Bruce Delamitri (treffend von Hermann Fischer gespielt), ein typischer Actionfilm-Regisseur, und sein Freund Karl (Hubertus Ruhmann) diskutieren, welche Szene wohl bei der Oscarverleihung aus seinem neusten Brutalostreifen "Ordinary Americans" gezeigt werden würde. Zusätzlich gilt es über die bevorstehende Scheidung mit seiner geldgierigen Ehefrau (Ute Junker) zu reden und seine verwöhnte Tochter Velvet (Lena Ströcker) zufriedenzustellen.
Nachdem Bruce dann tatsächlich den Oscar für sich gewinnen kann, wird ihm noch ein zusätzliches Glück zuteil: Er kann die äußerst attraktive Schauspielerin Brooke Daniels, von Meike Wiemann dargestellt, auf sein Anwesen mitnehmen. Diese verführt ihn gekonnt, um Bruce plötzlich die Pistole auf die Brust zu setzten: Eine neue Rolle in seinem Film will das ehemalige Nacktmodell, dass mit schweren Minderwertigkeitskomplexen kämpfen muss, erpressen.
Doch diese Bedrohung ist nichts gegen das, was Bruce erst noch bevorsteht. Das Blatt soll sich schnell ändern, bis sich Bruce schließlich in dem von ihm erschaffenen Alptraum wiederfindet, denn während er sich schließlich mit Brooke einig wird, erscheint das meistgesuchte Verbrecherduo Amerikas auf der Bildfläche. Wayne und Scout, mit einer ungeheureren Ausdrucksstärke und Überzeugungskraft von Renato Schuch, und Manuela Schürmann dargestellt, sind die Verkörperung der Charaktere aus seinen Schieß-mich-tot-brutalo-action-Filmen. Und sobald sich Bruce, Brooke Daniels und seine Familie in den Händen der Killer befinden, wird auch schon klar, was der kluge Wayne für einen Plan ausheckt: Er, der sich selber nicht als Täter, sondern als Opfer von gewaltverherrlichenden Filmen sieht, zwingt Bruce dazu, vor laufenden Kameras die Verantwortung für die blutigen Taten von ihm und seiner Freundin zu übernehmen.
Bruce, seinerseits wenig einsichtig und stolz, lässt sich schließlich auf eine Diskussion vor der Kamera ein. Bevor die Polizei das Haus stürmt, stellt Wayne die Zuschauer vor dem Bildschirm vor eine Wahl: Nur wenn alle ihren Fernseher ausschalten, blieben die Geiseln am leben.
Wer wissen möchte, wie der Alptraum endet, hat noch am 13., 14., 27., und 29. August jeweils um 20 Uhr, die Möglichkeit, "Popcorn" hautnah mitzuerleben. Es lohnt sich, das spannende Stück mit hochkarätigen Schauspielern in gelungener Inszenierung anzusehen.
Christine Dohler - "Die Glocke" vom 10 08 1999

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Ein eindrucksvolles Theatererlebnis

Beckum. Den Beckumer Marktplatz als Kulisse für ein Märchen - dass dies zweifelsohne realisierbar ist, bewies die Kulturinitiative Filou in Zusammenarbeit mit der Stadt eindrucksvoll. Mit ihrem märchenhaften Spektakel "Krabat", basierend auf dem Kinderbuch von Ottfried Preußler bescherten sie den 450 Zuschauern am Samstag ein einmaliges Theatererlebnis.
Klaus Leimkühler war einer der Fädenzieher hinter dem aufwendigen Open-Air-Highlight, denn er war es, der die Geschichte in eine Theaterversion umschrieb und so die Grundlage schaffte. Die schauspielerische Leitung übernahm Matthias Menzel, der ganze Arbeit bei den fünfmonatigen Proben leistete, während für die Unterweisung der Tänzer in ihren gekonnten Tanzeinlagen Antje Berning verantwortlich war.
Das Besondere an dem Theaterspektakel war für das Publikum das Erlebnis, mitten in das Geschehen integriert zu werden. Technische Finessen, verblüffende "Spezial Effekts" und nicht zuletzt das natürliche Spiel der rund 30 Akteure trugen zu dieser hautnahen Atmosphäre bei.
So konnten die Zuschauer gleich auf drei Bühnen die Geschichte rund um den Waisenjungen Krabat, eindrucksvoll von Marco Ober gespielt, miterleben. Dieser zog bettelnd durch die Lausitz bis er eines Tages auf geheimnisvolle Art und Weise zur Mühle geführt wurde. Dort genoss er zunächst ein normales Lehrlingsleben, doch sehr schnell kam alles anders, als erwartet: Der unheimliche, einäugige Meister der Mühle (Jens Glass) unterwies seine Lehrlinge in der Kunst der schwarzen Magie, Krabat wurde zu einem fleißigen Schüler, ohne zu wissen, dass ihm gerade das zum Verhängnis werden würde. Im Laufe der Zeit merkte auch Krabat, dass die Arbeit sehr hart war und der Meister die Schüler für seine bösen Zaubereien benutzte.
Nur einmal im Jahr durften die Jungen die Mühle verlassen, und zwar am Abend vor dem Osterfest. Während seiner ersten Osternacht entdeckte Krabat ein schönes Mädchen, das an den Ostertraditionen der anderen Dorfmädchen teilnahm. Von nun an, wurde der Wunsch in Krabat immer stärker, der Sklaverei des Zaubermeisters zu entfliehen und mit seinem Mädchen glücklich zu leben.
Als Krabat mit Hilfe seines Freundes Juro (Heiko Dreismickenbecker) hinter die geheimen Machenschaften des Meisters kam, bot sich ihm auch gleich eine Möglichkeit, sich und die anderen von dem Joch des Gesellenlebens zu befreien: seine Geliebte war hier der Schlüssel zum Glück.
Am Ende des Märchens siegten natürlich Liebe und Gerechtigkeit, und mit einem großen Feuerwerk wurde der Triumph über das Böse zum Schluss besiegelt.
Nach dem über dreistündigen Theatermarathon, gespickt mit Tanzeinlagen, echten Tieren und großartigen Darstellern vor einer atemberaubenden Kulisse stand für alle fest, dass Beckum etwas ähnliches noch nie zuvor erlebthatte.
Christine Dohler - "Die Glocke" vom 23.08.1999

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"Vermummte": Vom Terror der inneren Konflikte

Beckum. Ein vor Spannung erstarrtes Publikum konnte man am Samstag im Beckumer Stadttheater beobachten. Die Geschichte dreier Brüder, deren gegenseitiges Vertrauen im grausamen Völkerkrieg zwischen Palästina und Israel auf eine harte Probe gestellt wird, drückte bei der Premiere der Filou-Eigenproduktion "Vermummte" sogar dem fröhlichsten Gemüt auf die Stimmung.
Schonungslos erzählt von Autor Ilan Hatsor und ebenso offen wie berührend inszeniert von Simon Schega führt dieses Stück klar den Terror vor Augen, den jeder zu durchleben hat, der in Zeiten von militärischen Säuberungen vor die Wahl gestellt wird: Entweder Kooperation mit dem Feind, oder Zerstörung und Tod in der eigenen Familie.
Für Na'im steht die Entscheidung jedenfalls fest. Nie würde er sich als Mitglied der palästinensischen Untergrundbewegung Intifada den Israelis ergeben. Er kämpft für sein Land, ist ein Mörder, schimpft sich selbst eine Bestie. Khaled unterstützt seinen Bruder und hilft ihm, wo er nur kann. Nur Da'ud, der Älteste, versucht sich aus allem rauszuhalten. Widerwillig arbeitet er für die israelische Besatzungsmacht, denn nur so kann er das Geld für sich, seine Brüder und seine Familie verdienen. Aber schon bald gerät er gar in Verdacht, als Kollaborateur für die Gegenseite tätig zu sein und somit sein eigenes Volk zu verraten. Seine Brüder bereiten ihm ein Verhör. Hin und hergerissen zwischen Liebe und Misstrauen wissen sie schon bald nicht mehr, was und wem sie glauben sollen. Bis Da'ud schließlich selbst mit seiner Wahrheit ans Licht rückt.
"Vermummte" ist ein ungewöhnlich aktuelles Stück, das schon allein dadurch seine Authentizität bewahrt, indem es weniger auf den historischen Hintergrund als vielmehr auf den zwischenmenschlichen Konflikt der Brüder eingeht. Interessant auch die Schauspielerkonstellation der Kulturinitiative Filou, die an diesem Abend über weite Strecken zu überzeugen wusste: Der bisher noch bühnenunerfahrene Rami Ansawi als hitzköpfiger Na'im, Ulrich Hanke als schwer zu durchschauender Da'ud und Jens Glaß als Ruhepol und Schlichter Khaled - ein Charakter, der sich von seinen bisherigen Rollen in anderen Produktionen stark abhebt und Glaß eindeutig als vielseitigen Schauspieler dastehen lässt.
Weitere Aufführungen finden am 9., 10., 15. und 16. Oktober um jeweils 20 Uhr statt. Es empfehlen sich Kartenvorbestellungen unter der Telefonnummer 02521/15477.
Marc Ossenbrink - "Die Glocke" vom 04.10.99

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Spannende Inszenierung anspruchsvoll dargeboten

Beckum. Mit dem neuen Theaterstück "Enigma" von Eric-Emmanuel Schmitt hat die Kulturinitiative Filou in diesem Herbst eine gleichermaßen spannende wie anspruchsvolle Inszenierung auf die Bühne gebracht, die das begeisterte Premierenpublikum am Sonntag mit lang anhaltendem Applaus belohnte.
Gefesselt von dem Widerspiel zweier diametral entgegengesetzter Charaktere, einem enttarnenden Journalisten (Tim Sundermann) und einem mysteriösen Schriftsteller (Ralf Klatt), fühlt sich der Zuschauer zunehmend selbst gefangen in der abschirmenden Einöde und Kälte einer Polarnacht.
Es gibt kein Entweichen auf Rösvannöy, einer Insel am Polarkreis, wo der Literaturnobelpreisträger Abel Znorko seit zehn Jahren in Abgeschiedenheit lebt, wo ihn nur Versorgungsschiffe versorgen und wo er die vermeintliche Freiheit genießt, alles Gefühlvolle zu verhöhnen und das Gewöhnliche zu vergessen. Despotisch und verletzend begegnet er allen, die ihn in dieser Illusion stören, so auch dem Journalisten Erik Larsen, der ihn zu seinem neuesten Werk befragen will. Ein unsichtbares Band scheint beide zu verbinden.
Was macht den jungen, schüchtern wirkenden Schreiberling so zielsicher in seinem Versuch, dem kaltschnäuzigen Top-Autor mit Menschlichkeit zu begegnen, wenn er dabei immer wieder gegen die Wand läuft? Beide Männer sind auf der Suche nach der Wahrheit, fühlen sich umgetrieben von der Frage nach dem Ursprung und Wert von Liebe und Lust - und beide wissen um ihre eigenen Unzulänglichkeiten - einer vermag sie auszusprechen, der andere nicht. In ihrer Verschiedenheit helfen sie sich, der Wahrheit näher zu kommen, sei es durch bohrendes Fragen, durch Wutausbrüche, durch Trauer oder Resignation.
Aus einer in gleißendes Scheinwerferlicht getauchten Bühne wird im entscheidenden Moment ein in Kerzenschein gehüllter Ort zunehmender Ehrlichkeit im Umgang miteinander. Sanfte Musik aus den " 14 Variationen von Enigma" hilft beiden, Enthüllung um Enthüllung zu wagen, mal schleichend, mal brutal wie die Schüsse aus dem Gewehr, mit dem sich Znorko unerwünschte Besucher vom Leib hält. Am Ende gibt es keinen Gewinner, nur zwei Verlierer - oder doch zwei Gewinner?
Das bleibt dem Urteil des Zuschauers überlassen, der sich auf einen unerwarteten Handlungsverlauf ebenso freuen darf wie auf die phantastische schauspielerische Leistung von Ralf Klatt und Tim Sundermann.
Weitere Aufführungen: 6., 7. und 13. November, Stadttheater Beckum.
Oda Findorff-Otto, Die Glocke – 03.11.99

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Tolle Filou-Premiere - Neue Tanzproduktion fiel aus dem Rahmen

Beckum. In der neuen Eigenproduktion des Tanztheaters Filou werden Bilder und Skulpturen im wahren Wortsinn zum Leben erweckt: Nach eineinhalbjähriger intensiver Arbeit meldeten sich am Samstagabend die 28 Tänzerinnen mit der gelungenen Premiere des originellen Bühnenstücks "(Auch) Bilder einer Ausstellung" zurück.
Unter der Leitung von Bettina Essmeier und Antje Berning präsentierten die jungen, Tänzerinnen 15 Choreografien in gewohnt ideenreicher und professioneller Manier, wobei ganz unterschiedliche Stilrichtungen des Tanzes dargestellt wurden. Humor und Ernstes, wohl Geordnetes und Skurriles lösten einander in lockerer Folge ab. Den Rahmen hierfür bot ein populärer Künstler (Hubertus Ruhmann), der die verschiedenen Themen der Bilder und Skulpturen inhaltlich deutete. Dabei schwangen natürlich auch leise Töne mit, die zum Nachdenken anregen sollten.
Im Vordergrund stand allerdings nach wie vor die Freude und Spaß am Tanz, den die Tänzerinnen ausdrucksstark vermittelten. So konnte der Zuschauer sich entspannt zurücklehnen und die unterschiedlichsten Choreografien auf sich wirken lassen: Nahezu entzückend war der "Tanz der Küken", bei dem die Ballettklasse 2 ihr Gastspiel gab.
Eine ganz andere Form des Tanzes kam wiederum in der "Figurenstudie" zum Einsatz. In hautengen Kostümen zeigten die Mädchen hier zu Kompositionen von Aural Float, was es heißt, sich exakt und fließend zum Rhythmus der Musik zu bewegen. In der "Ballettstunde" verdeutlichten die Jungtalente sowohl ihre Disziplin in der Ausführung der einzelnen Schritte, aber auch ihren Humor bei dem Versuch, den "Schwanensee" zu tanzen.
Vor der Pause erlebten die Zuschauer noch einen ausdrucksstarken Solotanz, bei dem Sarah Loch ein junges Mädchen auf der Schwelle zum Frausein verkörperte, und einen fetzigen Gruppentanz zu Klängen von Tina Turner.
Auch im zweiten Teil konnten die Akteure ihr hohes tänzerisches Niveau halten. Themen waren hier z.B. die Ausarbeitung eines Alptraums oder die Personifizierung der vier Temperamente von Choleriker (Iris Lehrke), Melancholiker (Julia Schlüter), Sanguiniker (Marie-Christin Essmeier) und Phlegmatiker (Julia Wrede). Nach einem effektvollen Finale wurde der donnernde Applaus noch mit mehreren Zugaben belohnt.
Weitere Vorstellungen sind am 3. und 4. Dezember im Stadttheater am Lippweg zu sehen. Kartenvorbestellungen sind unter 02521/15477 möglich.
Christine Dohler, Die Glocke -29.11.1999

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"Lebkuchenmann" einfach zuckersüß

Beckum. Phantastische Premiere im Beckumer Stadttheater für den "Lebkuchenmann": ein volles Haus, ein aus Großen und Kleinen gemischtes Publikum, das sich am Ende der Vorstellung stehend mit minutenlangem, rhythmischen Klatschen bedankt.
Der Dank war berechtigt. Er galt nicht allein den mit einer geschlossenen Ensemble-Leistung auf hohem Niveau überzeugenden Akteuren, sondern auch allen, die sie durch die Gestaltung des außergewöhnlich aufwendigen Bühnenbildes und die bis auf Kleinigkeiten präzise arbeitende Licht- und Tontechnik unterstützten.
Wenn in einer Kuckucksuhr der Kuckuck plötzlich seine Stimme verliert, löst das verständlicherweise für den Vogel bedrohliche Reaktionen aus.
Vor allem wenn seine Besitzer, "die Großen", alles, was sie nicht mehr gebrauchen können, in die Mülltonne werfen. Und wer hat schon für die "kuckucksloseste Kuckucksuhr aller Kuckucksuhren" noch Bedarf.
Nicole Grabowski in der Rolle des Herrn Kuckuck weckte krächzend, mit herzergreifender Mimik schnell nicht nur das Mitleid des Publikums, sondern auch den Entschluss ihrer Mitbewohner auf dem Küchenschrank, dass nun schnell gehandelt werden muss. Dazu braucht Käpt`n Salz (Christian Feist) allerdings ein bisschen Anlaufzeit. Er musste erst einmal aus seinen Träumen vom Meer aufgeweckt werden. Christian Feist ließ seine Zuschauer mit seinem eigentümlich norddeutschen Akzent und seinen nach der See klingenden Liedern an diesen Träumen teilhaben

Eine großartige Teamleistung

Seine Temperament versprühende Partnerin auf dem Gewürzständer, das "Frollein Pfeffer", allerdings bringt ihn immer wieder mühelos auf Trab. Inka Mimbergs überschäumende Spielfreude riss nicht nur ihre Mitspieler mit, sie sprang auch sofort auf das Publikum über. Sie spielte ihre Rolle nicht, sie lebte sie auf der Bühne aus.
Bei der gemeinsamen Rettungsaktion bekommen die beiden unerwartete Hilfe durch den von den Großen frisch gebackenen Lebkuchenmann. Tim Sundermann bewegte sich in dieser Rolle gekonnt mit eben stutenkerlhafter Unbeholfenheit und schnell erlerntem Geisteswitz, seine Gesangsnummern ließen, wenn auch verhalten, den Geist von Elvis über die Bühne weben.
Die engagierten Rettungsmaßnahmen der drei Verbündeten werden leider durch zwei Störenfriede immer wieder behindert: Flitsch, die Mafiamaus, versucht immer wieder ihre Mitbewohner auf dem Küchenschrank zu tyrannisieren, droht gar den Lebkuchenmann anzuknabbern. In grauem langem Mantel, mit Hut und Sonnenbrille verkörperte Meike Wiemann diese durch das Bühnenbild huschende Bedrohung so eindrucksvoll, dass selbst einige der kleinsten Zuschauer Zuflucht auf Mutters sicherem Schoß suchten.
Dass die pingelige Frau Teebeutel von der Rettungsaktion keineswegs begeistert ist, wird jeder einsehen: Das ständige Kuckuck - Kuckuck der Uhr geht ihr, wie fast alles und jeder in ihrer Umgebung auf die Nerven. Kein Wunder, dass niemand sie mag und dass sie sich einsam fühlt. Regina Schieb hatte die Mühe übernommen, sich mit diesem Zwiespalt aus Zickigkeit und Sehnsucht nach Zuwendung auseinandersetzen zu müssen. Wenn sie diese Aufgabe etwas plakativ löste, ist das entschuldbar. Schließlich sahen wir ein Kinderstück, zu dessen Stil es gehört, klar erkennbare Gegensätze flächig aneinander zusetzen.
Fazit Filou präsentierte zwar kein Musical im engeren Sinne, eher ein Stück, das mit einprägsamen Musiktiteln angereichert ist. Günter Burchert in der Regie hat mit seinem Team eine durch Gesangs-, Tanz- und Sprechrollen große Herausforderung angenommen und so erfolgreich bewältigt, dass allen Kindern und jedem, der seinen Kinderträumen noch nicht ganz entwachsen ist, der Besuch dieser Filou-Aufführung empfohlen sei.
Weitere Aufführungstermine sind am 15., 17., 19., 21., 23. und 25. Dezember (jeweils 16 Uhr) sowie am 18. Dezember um 20 Uhr. Kartenservice sowie Terminabsprache für Sondervorstellungen (Schulen und Kindergärten) unter: 02521/15477.
Ernst Eggert – Die Glocke vom 14.12.99

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Schwere Aufgabe gemeistert

Beckum. Premierenstimmung am Freitagabend im Stadttheater Beckum: Unter der Regie von Maro Ober und Marc Ossenbrink stellte die Kulturinitiative Filou ihre neueste Inszenierung vor. Ein erwartungsvolles Publikum empfing mit aufmunterndem Beifall seine Sympathieträger bei deren Erstauftritten.
Und Aufmunterung konnten sie brauchen. Mit "Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht" von Ephraim Kishon hatten sie ein Stück gewählt, das für Regie und Darsteller so seine Tücken hat. Es bietet, wie wohl alle Bühnenstücke des Schriftstellers, wenig an äußerer Handlung: ein unbekannter junger Maler wird durch einen Zufall entdeckt und zu einem neuen Star der Szene aufgebaut.
Filou brachte diese Geschichte einfallsreich inszeniert auf die Bühne, dehnte die Aktion auf den Zuschauerraum aus, das Publikum fühlte sich mit einbezogen. Das Stück jedoch lebt von der Dichte seiner pointierten Dialoge. Wer sie spielen will, muss die karikaturhaft überzeichneten Eigenschaften von Kishons typisierten Figuren nachempfinden. Wer dabei die Grenze zur Verzerrung überschreitet, mag zwar die Lacher auf seiner Seite haben, lässt aber die Satire zur Klamotte entarten.
Jens Glaß und Gorden Osthus gelang diese Gratwanderung recht gut, dem einen als der bemitleidenswerte Kritiker, dem die eigene künstlerische Kariere verwehrt blieb, der andere als der dummdreiste Kunsthändlers. Ebenso überzeugte Christoph Münstermann in der Rolle des in einer Vision auferstandenen Rembrandts.
Christian Feist verkörperte den jungen israelischen Maler Raphael Schlesinger, der von Tel Aviv nach Paris verbracht wird und dort den Gewissenskonflikt zwischen Kommerz und wahrer Kunst ausleben muss. Er spielte engagiert, hatte aber mit seinem Part Probleme. Und ebenso erging es Maike Holtkötter in der Rolle der zwar etwas einfältigen aber resolut lebenstüchtigen, Dahlia. Von Kishon mit weicherem Stift gezeichnet, sind diese beiden mehr Charaktere als Typen und verlangen deshalb ein nuancierteres Spiel. Dazu fehlten beiden Darstellern die Zwischentöne. Überzeugungskraft wird eben nicht an der Lautstärke gemessen.
Diese war auch an anderen Stellen in der Arbeit am Detail zu vermissen. Da hätte man die Dynamik des gut gestalteten Bühnenbildes besser nutzen können.
Und dennoch, Szenen- und anhaltender Schlussapplaus waren berechtigt. Man hatte sich eine schwere Aufgabe gestellt und sie mit der Hingabe und Spielfreude des ganzen vielköpfigen Ensembles zur guten Unterhaltung des Publikums bewältigt.
Ernst Eggert - Die Glocke, 17.04.2000

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Thema ewige Treue: Vital und zeitlos inszeniert

Beckum. Die Frau? - Oder der Mann? - Wer wird von Natur aus zuerst untreu? - Zuschauer bei einem Experiment, das diese Frage klären soll, wurde das Premierenpublikum am Samstagabend im Stadttheater.
Egle (Meike Wiemann) und Adine (Regina Schieb), Azor (Tim Sundermann) und Mesrin (Simon Schega) sind in völliger Isolation von einander und von der Außenwelt aufgewachsen, nur betreut von den zwei Moderatoren des Experiments (Inka Mimberg und Jens Glaß). Mit etwa achtzehn Jahren treffen Egle und Azor schließlich aufeinander, verlieben sich und schwören ewige Treue. Sie begegnen dem anderen, ebenso in "ewiger Treue" verbundenen Paar, und der beschworene Ewigkeit droht ein schnelles Ende.
Die Schauspielgruppe des Filou e.V. hat unter der Führung von Günter Burchert das zweihundertfünfzig Jahre alte Stück "Der Streit" von Marivaux gründlich von seinem Altersmuff befreit. Geblieben ist eine Handlung von verblüffender Zeitlosigkeit, die am Premierenabend das Publikum von Anfang an in ihren Bann zog. Und das obwohl der Autor bei ihrer Komposition kaum ein Klischee geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen ausließ: den vorgeblich ständigen Konkurrenzkampf in die eigene Schönheit verliebter Frauen ebenso wenig wie die kumpelhafte Harmonie der Männerfreundschaft. Es ist die große Leistung des ganzen Ensembles, die in dieser Sterilität konzipierten Figuren zu einem Leben voll kindlich anmutender Leichtigkeit und Vitalität erweckt zu haben. Geblieben ist auch die Sprache des Originals. Dass sie für moderne Ohren eigentlich absolut gewöhnungsbedürftig ist, ließen die Akteure ganz schnell vergessen. Sie machten sich ihre Ausdruckweise zwischen Gestelztheit und Naivität souverän zueigen und gaben so den Dialogen Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Dabei lag die Kunst oft in der Stille, die dem gesprochenen Wort Raum gab, nachzuschwingen. Besonders Meike Wiemann beherrschte sie und ließ in Momenten des Schweigens das Publikum mit hineinhören in die Seele, die sie der Egle einzuhauchen verstand.
Das ganze Schauspiel lief vor dem überraschend weißen Bühnenbild ""irgendeiner von so vielen Welten" ab ein gelungener Hintergrund für die aus Zeit und Raum herausgelöste Handlung.
Das Ende des Abends brachte nicht die Antwort auf die Frage nach der Treue, aber "Standing Ovations" für das Team um Günter Burchert, das sich diesen Applaus mehr als verdient hat.
Als Empfehlung: Die nächsten Aufführungen finden am 14., 20. und 21. Oktober sowie am 11. und 12. November statt.
Ernst Eggert - Die Glocke, 10.10.2000

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Dem Publikum den Spiegel vorgehalten

Beckum "Ich hätt' so gern ‚ne Frittenschmiede aufgemacht", ein Thema fürs Frauentheater? Doch wer die zwei ausverkauften Vorstellungen im Dachtheater des Beckumer Stadttheaters am Wochenende gesehen hat, kam schnell dahinter, was es mit diesem geheimen Wunsch auf sich hatte.
Explizit "für Frauen und Männer" spielte die Frauen-Theater-Gruppe "Bloodymary" in diesem Stück "ihre" Themen in einer aufwendigen Abfolge von 21 Sketchen, die vom Zuschauer jede Menge Mitdenken forderten. Frauen reifen an ihren Erfahrungen: Kindheitserinnerungen werden wach beim (un-)heimlichen Kramen auf dem Dachboden, Schätze werden entdeckt, denen der Zauber durch die Realität zusehends genommen wird. Frauen fühlen sich zerrissen: Das Gefühl der alleinigen Verantwortung für die Generationen unter einem Dach erinnert an Brechts "Kaukasischen Kreidekreis". In einem Küchenstudio eskaliert der ewig verdrängte Konflikt zwischen Mutter und Tochter und beschert der Tochter die bittere Erkenntnis: Ich war nie gewollt.
Und Frauen stehen sich auch schon mal selbst im Weg: Das Bewerbungsgespräch einer hochqualifizierten jungen Frau scheitert an einem Familienfoto, obwohl in der Chefetage eine Frau sitzt. Immer noch präsent auch das übliche Rollenklischee-Denken einer jungen blonden Frau: "Wenn Manni meint, es ist richtig, dann hat er sicher auch die besseren Argumente!"
Als wohltuend empfand es das Publikum, dass die zehn Laienschauspielerinnen weder ihr feministisches Potenzial" voll ausspielten noch eine Mitleidsnummer abzogen, und schon gar nicht den Zeigefinger erhoben. Da war auch Platz für viel Witz, Schabernack und Pfiffigkeit.
Irgendwann haben sie alle wieder Boden unter den Füßen, ob ihre Träume zerplatzt sind wie Seifenblasen oder auch nicht, Wünsche bleiben offen, andere sind wahr geworden: Frau Kühn hat ihren Existenzgründer-Kredit erhalten und macht endlich eine "Frittenschmiede" auf, ein zuverlässiger und tröstlicher Versammlungsort auch für alle anderen Frauen (und Männer).
Die Frauen von "Bloodymary", von der jüngsten Schauspielerin mit 28 Jahren bis zur ältesten mit 62 Jahren, haben es in vier Monaten Arbeit geschafft, auf unterhaltsame Weise sich selbst ebenso wie dem Publikum den Spiegel vorzuhalten und alle in einen Prozess kritischer Selbstbetrachtung einzubeziehen.
Oda Findorff-Otto - Die Glocke, 13.03.2001

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Ein Hochzeitstag mit Auftragskiller

Beckum. Vor ausverkauftem Haus feierte am Samstag, 7. April, das Stück "Der Hochzeitstag" von Chazz Palminteri seine Premiere. Auf der kleinen Bühne des Stadttheaters spielten sich allerdings Szenen ab, die sich wohl niemand für seinen Hochzeitstag wünscht.
Im grünlichen Licht einer Lampe erkennt der Zuschauer die Umrisse einer Frau, die alleine in ihrer Wohnung ist. Plötzlich stürmt ein schwarz gekleideter Mann auf die Bühne, überwältigt die Frau mühelos und fesselt sie auf brutalste Weise an einen Stuhl. Es ist Magrets Hochzeitstag, seit zehn Jahren ist sie mit Jack verheiratet, der ihr statt Blumen einen Auftragskiller geschickt hat.
Nach diesem fulminanten Auftakt entwickelt sich zwischen der lebensmüden Magret, gespielt von Kati Peterlewelling, und dem sensiblen Killer Tony, dargestellt von Andreas Meschede, ein Gespräch. Sie reden über Treue, Sex, ihre Vergangenheit und über das Töten. Spielerisch gewinnt mal der eine, mal der andrer Gesprächspartner die Oberhand. Magret hat nichts zu verlieren, sie hat ihr Leben als betrogene, verschmähte Ehefrau satt und versucht, Tony zu provozieren, ihm näher zu kommen.
Erst im zweiten Akt greift Magrets Ehemann Jack (Hermann Fischer) in das Geschehen ein. Er kommt nach Hause und findet seine Frau überraschend lebendig vor. Sie bringt ihn dazu, seine Untreue zu gestehen, worauf zwischen den drei Charakteren ein Spiel auf Leben und Tod beginnt.
Regisseur Hubertus Ruhmann gelang mit seiner Inszenierung eine in weiten Teilen spannungsgeladene Mischung aus Krimi, Komödie und psychologischer Studie. Bis zum Schluss bleibt die Frage nach Gut und Böse offen.
Der amerikanische Ursprung des Theaterstücks, das aus der Feder eines Hollywood-Schauspielers stammt, wird besonders durch die Rolle des scheinbar eiskalten Tony deutlich. Nie um einen coolen Spruch verlegen glänzte Andreas Meschede als Killer mit harter Schale und weichem Kern. Besonders durch die Telefonate mit seinem zartbesaiteten Psychiater verstand er es, das Publikum zu unterhalten. Auch Hermann Fischer überzeugte durch seine Leistung als egoistischer Ehemann, der verzweifelt versucht, sich aus der Affäre zu ziehen. Kati Peterlewellings Darstellung der verletzten Magret wirkte teilweise etwas eindimensional, da man ihr die Rolle als Verführerin nicht wirklich abnehmen wollte.
Weitere Aufführungen finden nicht (wie auf dem Plakat angekündigt) am 21. und 22., sondern am 20., 21. und 28. April statt. Kartenbestellungen werden unter 02521/15477 entgegengenommen.
Julia Müller - Die Glocke, 09.April 2001

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Mit "Aqua" einen Orkan auf der Bühne entfacht

Beckum. Wie kann man ein so lebenswichtiges Element wie Wasser in einem Tanz darstellen? 28 tanzbegeisterten jungen Damen ist die Darstellung dieser Thematik mit Bravour gelungen, meisterten sie die Premiere des Bühnenstückes "Aqua" gekonnt und professionell zugleich.
Das Tanztheater Filou mit den beiden Leiterinnen Antje Berning und Bettina Essmeier hat ganze Arbeit geleistet. Nach eineinhalb Jahren Bühnenabstinenz und, kreativer Schaffensphase meldete es sich mit dieser Aufführung zurück: Ausdrucksstark und mit viel Spaß am Experimentieren. Eine Präsentation, die viel Schweiss, Muskelkater und vor allen Dingen einen enormen Zeitaufwand bedeutet hat. Rund 520 Stunden Einarbeitungszeit in knapp eineinhalb Jahren sind "ein hartes Brot". Aber gerade die vielen Stunden harten Trainings waren es, die zum Erfolg geführt haben.
Wie sonst kann ein "Solo auf einen tropfenden Wasserhahn" entstehen und unbeschwert und locker präsentiert werden? Julia Schlüter bewies, dass dazu nur ein monotones Plätschern nötig ist, um daraus - tropfenweise und Takt für Takt - einen Tanz entstehen zu lassen.
Auch die hohe Kunst des Balletts wurde in zahlreichen Sequenzen dargestellt: Als "Tanz fürs Auge" im "Seerosenteich" durch das Aufblühen der Wasserblumen, oder beim Thema des mitreißend-modernen Stückes "Am Meer". Selbst "echter" Regen fehlte nicht, der kurz vor der Pause beim Regentanz von der Bühne prasselte.
Dem Einfalls- und Ideenreichtum rund um das Thema Wasser waren keine Grenzen gesetzt. Die verschiedensten, Blickwinkel auf das Element Wasser wurden aufgezeigt: Ernst, nachdenklich, aber auch fröhlich und unbeschwert., Gerade die "Arktischen Träume" beinhalteten alle Genres: Cooler Hip-Hop der Eskimos, der eindrucksvolle Traumfeentanz von Marie-Christin Essmeier und flotte Sambarhythmen als Gegensatz zum Eis.
Und auch lustige Sequenzen kamen nie zu kurz: Ob beim "Ulk im Wasserballett" - hier sei besonders Dominik Essmeier erwähnt, der als "getarnter Haifisch" oder "wassertragender Pausenfüller" die Lacher des Publikums auf seiner Seite hatte, oder beim "Wasserspaß", einer Aerobic-Jazztanz-Performance.
Ganz und gar nicht verwässert, sondern klassisch-festlich klang der Abend mit Händels Wassermusik aus, der unter lauten Zugaberufen und stehenden Ovationen dem Bühnenstück gerecht wurde. "Aqua" ist eben kein "Sturm im Wasserglas" sondern vielmehr ein "Orkan auf der Bühne".
Ein Wehrmutstropfen bleibt: Dies war die letzte Zusammenarbeit der beiden Choreographinnen, da Antje Berning Beckum aus privaten Gründen verlässt.
Susann Zwehn - Die Glocke, 14. Mai 2001

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Filou-Nachwuchs mit märchenhafter Doppel-Premiere

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, hatten am Wochenende im Beckumer Stadttheater die Kinder das Sagen: Die Filouzies gaben alles bei der spannenden Doppelpremiere der "Maschimaschine" von Paul Maar.Kinder spielen gerne Theater, schlüpfen dabei immer wieder in unterschiedliche Rollen, durchleben kleine Machtkämpfe bei deren Besetzung oder helfen einander, die eigenen Fähigkeiten ins rechte Rampenlicht zu rücken - was bei der Kindertheatergruppe von Filou und VHS Probenalltag ist, wird im Stück "Maschimaschine" zum Inhalt. Entsprechend locker gaben sich die jungen Schauspieler, die ihre Rollen konzentriert, aber unverkrampft und mit sichtbarem Spaß spielten. Ein Theaterstück erfinden? Kein Problem für Biggi, Hanna, Axel und Roderich, wie sich Anja Plaßmann, Jana Fransbach, Lisa Reinkemeier, Björn Teweleit, Andra Steinhoff, Hannah Zensen, Rut Neuschäfer, Hannah Junischke und Jan Heimann in wechselnden Besetzungen mit Künstlernamen nennen. Auch mit einer sparsamen Ausstattung an Requisiten läßt sich eine Kulisse bauen, gefragt ist hierbei nur die Phantasie. Und ein Böser muss her, "denn ohne einen Bösen wird das Stück nicht spannend". Plumpe Schwarz-Weiß-Malerei? Nein, keineswegs, denn das Böse lauert bekanntlich ganz woanders, schon gar nicht da, wo man es vermutet oder wo man es hininszeniert.
Das erfuhr auch das Publikum auf schaurig-perfide Art und Weise spätestens als sich herausstellte, dass die "Maschimaschine" gar nicht so harmlos ist wie anfangs gedacht. Doch die Rechnung geht doch noch auf, das Gute siegt wie im echten Märchen über das Böse, Schauspieler wie Zuschauer sind um eine Erfahrung reicher und viel wichtiger - die Kinder halten den Erwachsenen und jeder menschenfeindlichen Entwicklung den Spiegel vor. Heiterkeit und Spontaneität der Filouzies übertrug sich schnell auf die Zuschauer, die das einstündige Stück gebannt verfolgten und mit Applaus nicht sparten. "Eine ganze Stadt spielt Theater", das Ziel, das sich die Kulturinitiative Filou in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule gesteckt hat, könnte aufgehen, wenn sich die Erwachsenen vom Engagement des jungen Ensembles anstecken lassen. Am Sonntag, 4. November, um 16 Uhr besteht hierzu noch einmal die Möglichkeit, wenn es wieder heißt: Vorhang auf für die Maschimaschine.
Oda Findorff-Otto - Die Glocke, 30. Oktober 2001

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Ausflug in Märchenwelt bei weihnachtlichem Theaterspaß

Beckum. Hat das Stück denn nun eigentlich schon angefangen? Das Stück heißt "Das Märchen vom Dilldapp". Und vor den Vorhang des Stadttheaters kam erst einmal ein ganz normaler Mann. Er sagte, er wäre der Schauspieler. Dann spielte er ein bisschen mit dem Vorhang herum, ließ ihn auf Kommando auf und zu gehen, dann einen Wald erscheinen, und dann machte er ein Gewitter. Und spätestens als sein meist ganz junges Premieren-Publikum an die Reihe kam, um das alles auch einmal zu versuchen, hatte er, Christian Zumbült, sie ganz für sich erobert. So sehr, dass sie ihm einfach nicht glauben wollten, als er sie aufforderte, nach Hause zu gehen. Das Stück müsse ausfallen. Aber dann fand sich doch eine Lösung: Der Direktor des heruntergekommenen Theaters (Christian Tietz) sprang für den zweiten Schauspieler ein, der am Sonntagnachmittag nicht ins Theater kommen wollte. Er war "verschnupft". Für Christian Tietz begann ein Spiel mit wechselnden Rollen: Er war, sehr zur Erheiterung seiner Zuschauer, mit Kittel und Perücke die Mutter an der Nähmaschine. Er kroch als einäugiges, zottiges aber hilfsbereites Monster aus der Höhle im Wald. Er spielte den hinterhältigen, habgierigen Wirt, der aus dem Zuschauerraum entschieden mit "Du böser Mann!" abgestraft wurde. Christopher Zumbült blieb, so schreibt es die Rolle vor, der leichtlebige, tölpelhafte Dilldapp. So dumm ging er durch die Märchenwelt, dass es seine jungen Freunde im Publikum kaum mehr ertragen konnten. Denn ihre Hilfe, die lautstark aus dem Saal kam, wollte er einfach nicht annehmen. Für Tietz und Zumbült ist das Stück harte Arbeit. Sie schlüpfen, manchmal unter derbem Zeitdruck, in die Kostüme, schieben die Kulissen und spielen ihre Parts mit solcher Ausdruckskraft, dass die anerkannt kritischen Kinder, die den Maßstab der TV-Perfektion anlegen, sie engagiert und genussvoll auf dem Weg durch "Das Märchen vom Dilldapp" begleiten. Es gibt in diesen Tagen nicht nur den Harry Potter. Deshalb, ihr Erwachsenen, erzählt es euren Kindern. Weitere Termine sind: 9. Dezember, 16. Dezember, 23. Dezember, 25. Dezember. Wäre es vielleicht nicht auch ein Nikolaus- oder Weihnachtsgeschenk: "Komm, wir gehen ins Theater". Es lohnt sich, auch für die Großen.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 27.11.2001 

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Alter Stoff, junges Ensemble: Starke Premiere für "Die Räuber"

Beckum. "Die Räuber" von Friedrich Schiller hatte sich die neu gegründete Schülertheatergruppe des "Filou" zur Premiere am Samstagabend ausgewählt. Und was man sich so oft in der letzten Zeit wünschte, traf ein: Viel junges Publikum saß endlich wieder einmal im recht gut besuchten Zuschauerraum.
Schwer war die Aufgabe, der sich die Schülerinnen und Schüler aus Beckum, Neubeckum, Oelde und Wadersloh mit dieser Aufführung stellten. Fast zu schwer.
Bewundernswert ihr Engagement, mit dem sie an diese Aufgabe herangingen. Sie spielten sich die Seele aus dem Leib. Das verdient hohe Anerkennung.
Großes Lob verdient auch das Publikum: Mit seinem Applaus zur Begrüßung ebenso wie zwischen den Szenen machte es Mut.
Und den brauchten die jungen Akteure. Trotz allen Gegenwartsbezuges des mehr als 200 Jahre alten Stückes, das den Aufstand Gesetzloser gegen Teile der bestehenden Gesellschaft schildert, trotz seiner Darstellung allgemein menschlicher Grundverhaltensweisen von Hass, sich aufbäumender Rache, Liebe und Verzweiflung: es blieb in der schillerschen Sprache als Ausdrucksmittel seltsam fremd. Weckte unfreiwillige Komik an vom Autor am ernstesten gemeinten Stellen.
Und gerade das darf auf keinen Fall dem jungen Ensemble angelastet werden. Das Publikum spürte das und brachte das auch zum Ausdruck. Es belohnte die darstellerische Leistung mit Beifall und nicht unbedingt die Vorgaben des Textes.
Christian Tietz, selbst einmal aus einer ähnlichen Theatergruppe des Filou hervorgegangen, führte Regie. Seine Idee, die Räuber und ihren Hauptmann
auf einer nahezu leeren, kulissenlosen Bühne in zusammengesuchten Kostümen aus dem Altkleider-Sack spielen zu lassen, erwies sich als ein guter Einfall. Träger und Getragenes passten zueinander: Junge Menschen, die sich bewusst oder als Werkzeug gegen die Konvention stellen. Dem Alter der Darsteller angemessen sicher auch die Reduktion eines allgemeingesellschaftlichen Konflikts auf den sehr persönlichen Bereich familiärer Spannungsfelder.
"Ich glaube, ich wäre schon beim Lernen des Textes gescheitert" bemerkte ein junger Zuschauer in der Pause. "Nur Mut! " kann man darauf nur antworten, "Man sollte es einfach mal versuchen. " Die Vorstellung zeigte: Ein solcher Versuch lohnt sich. Auch für die Zuschauer. Die nächste Aufführung findet am Freitag, dem 21. Dezember statt.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 17.12.2001 

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"Disco Pigs". Engagiertes Theater, starke Akteure

Beckum. Engagiertes Theater, starke Intensität der schauspielerischen Aussage durch beide Akteure - das war der Eindruck, der sich am Samstagabend im Stadttheater bei der Premiere von "Disco Pigs", einer Eigenproduktion der Kulturinitiative Filou, schon nach kurzer Zeit einstellte.
Das Publikum musste sich erst einmal daran gewöhnen, von der sprachlichen Kommunikation zwischen Runt (Lena Ströcker) und Pig (Christian Feist) stellenweise ausgeschlossen zu sein. Denn die beiden haben sich eine eigene Sprache geschaffen. Schon das allein ist Symbol genug für eine der grundsätzlichen Aussagen über die Situation: Total aufeinander fixiert, leben sie in einem selbst geschaffenen Ghetto. Sie bezeichnen sich als "Bonnie und Clyde". Eine Illusion: Denn sie kämpfen nicht gegen eine verhasste Gesellschaft, sondern reagieren nur aus hormongesteuerten Impulsen brutal und blind auf alles, was ihre Welt stören könnte. Die Gesellschaft hat auch nicht den Hauch einer Chance, die Grenzen dieser Isolation aufzuweichen. Dieses animalische Verhalten zeigten beide, Lena Ströcker und Christian Feist, in hart aneinander geschnittenen Szenen mit solcher Wucht, dass es den Zuschauer förmlich körperlich zu treffen schien. Den Ort der Handlung hatte man nach Beckum verlegt. Das sollte auch als eine Anklage verstanden werden gegen die Angebotslosigkeit der Stadt an ihre Jugendlichen. Obwohl dem Publikum, sein Altersschnitt lag erfreulich deutlich unter 25 Jahren, so mancher Bezugspunkt zu eigenem Erleben vorgeschlagen wurde, scheint das Gelingen dieser Absicht fraglich. Dazu ist schon von der ursprünglichen Konzeption her die Aussage des Stückes zu eindimensional, zu simpel, eher ein Aufschrei als eine nachvollziehbare Beschreibung eines Zustandes: "Isolation tötet!"
Wer Christian Feist in früheren Stücken gesehen hat, wird zustimmen: Dieses war der Höhepunkt seiner bisherigen Leistungen. Steigerungsfähigkeit mit Sicherheit voraussagbar. Lena Ströcker spielte ihre erste große Rolle. Kaum zu glauben. Sie stand ihrem Partner in nichts nach, obwohl ihr Part noch das differenziertere Spiel verlangte. Der Beifall, den die beiden am Schluss mit Esst Mogul, Rene Orosz (Regie), Stephan Kutsch, Tim Altgott und Dirk Schürmann (Musik, Licht und Ton) auf der Bühne entgegen nehmen konnten, galt mit Recht einem starken Team.
Ernst Eggert – Die Glocke vom 26.02.2002

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Gelungene Premiere gewürzt mit einer Portion Humor

Beckum. Zu einer Zeit, als schon zum Frühstück Bier getrunken wurde - also "im Jahre siebzehnhundertundsoundso viel" - spielt "Das besondere Leben der Hilletje Jans". Zwei Erzähler (Lisa Fröhlich und Hannah Jucknischke) führen durch die Geschichte um das kleine Waisenmädchen Hilletje (Anja Plaßmann), das nach dem Tod der Eltern Zuflucht bei einer Tante in Amsterdam sucht.
Dort stößt sie auf Ablehnung, wird tyrannisiert und ausgenutzt. Um diesem unglücklichen Leben zu entfliehen, verkleidet sich Hilletje als Mann und heuert als Matrose auf der "Guten Hoffnung" an. Das Abenteuer kann beginnen.
Die 16 Schauspieler der Kindertheatergruppe "Filouzie" boten am Sonntag eine wirklich besondere Premiere. Mit einer gehörigen Portion Humor inszenierte Regisseur Christian Tietz das Stück des Niederländers Ad de Bont. Da wurde die Toilette schon einmal zum "Kackstuhl", und Tote standen quicklebendig auf, wenn sie auf der Bühne im Weg lagen. "Kindertheater braucht die richtige Mischung aus Spaß und ernsthaftem Bemü-hen", so Christian Tietz.
Diese richtige Mischung hatten die Darsteller im Alter von zehn bis 13 Jahren sichtlich gefunden. Ihr musikalisches Können bewiesen sie in Liedern über das Meer und mutige Kapitäne, von Dieter van Stephaudt auf der Gitarre begleitet. Ob als grantige, alte Tante oder als sensibler Künstler, die Nachwuchs-Schauspieler verliehen ihren Rollen Leben - und das oft mit einem kleinen Augenzwinkern. So lachten die Darsteller bei kleinen Versprechern mit dem Publikum.
Durch die einfallsreichen Requisiten verwandelte sich die Bühne mal in ein düsteres Wirtshaus, dann in den Amsterdamer Hafen oder ein Schiff auf hoher See. Mit ihrer "Geschichte von früher" begeisterte "Filouzie" die Zuschauer im nur spärlich besetzten Stadttheater.
Für alle, die wissen möchten, wie aus einem kleinen Waisenmädchen ein mutiger Kapitän wird, gibt es am Sonntag, 17. März, um 16 Uhr eine zweite Aufführung. Karten können telefonisch unter 02521 / 15477 vorbestellt werden.
Julia Müller - Die Glocke vom 12. März 2002

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Rasant geschnittene Szenenfolge mit Glanzleistung des Ensembles

Beckum. Aufstand gegen die Eltern, Abgrenzung, Selbstfindung, Selbstzerstörung - das waren die Themen am Samstagabend im Stadttheater. Filou zeigte erneut mit einer beeindruckenden Premiere, dass eine neue Periode aktiven und erfolgreichen Nachwuchstheaters in diesem Haus angebrochen ist. Mit Marius von Mayenburgs "Feuergesicht" sah der ausverkaufte kleine Saal in einer rasant geschnittenen Szenenfolge die Schilderung der Zerstörung einer Familie. Vater und Mutter haben sich einander entfremdet, sind sich aber einig in ihrer Pseudo-Liberalität gegenüber ihren Kindern. Und in ihrer Ratlosigkeit, mit der sie den Problemen der beiden begegnen. Die heranwachsenden Kinder Kurt und in seinem Gefolge Olga inszenieren den Aufstand gegen diese Eltern nach dem Grundsatz "Nur nicht so werden wie die". Olgas Freund Paul soll helfen, wenigstens Olga aus dem sich unausweichlich anbahnenden Inferno zu retten. Alles vergebens. Das Stück endet mit dem Misserfolg aller in der Katastrophe. Christian Tietz führte Regie. Er hat sein Ensemble hervorragend eingestellt. Auffallend, wie Eltern und Kinder in seiner Inszenierung dieselbe Sprache sprechen. Erstaunlich, wie die vier Akteure in diesem Detail aufeinander eingehen: Entsetzliches wird ebenso herabgekühlt und distanziert formuliert wie Triviales. Das Wort ist nicht Ausdruck des Gefühls, sondern der Bericht darüber. Kein Wunder, dass man nicht miteinander reden kann. Christian Zumbült spielte den weltfremden, einer selbstge-strickten Ordnung verhafteten Vater mit überzeugendem Ausdruck der Unbedarftheit. Wer Katrin Dobritz ins Gesicht sah, fand die ganze verzweifelte Hilflosigkeit der Mutter darin ausgedrückt.
Kurt ist verhaltensgestört. Da gibt es keinen Zweifel. Sein Fehlverhalten allerdings hat System. Dass man es ihm von der inzestuösen Beziehung zu seiner Schwester bis hin zum Mord auch abnimmt, war hohes Verdienst von Tim Mackenbrock. Olgas gespielte Selbstsicherheit, mit der sie innere Unerfülltheit überdeckt, fand in Verena Koscinski eine glaubhafte Verkörperung, die selbst in Gefühlsaubrüchen durchgängig einer darstellerischen Disziplin gehorchte, die hohles Pathos vermied. Stefan Reinke als Paul musste, so will es das Stück, "Normalität" signalisieren. Deshalb hatte er es gegen diese vier entwicklungslosen Typisierungen negativer Eigenschaften schwer. Das ganz banale "Normale" zu vermitteln, ist für jeden Schauspieler eine schwierige Aufgabe. Stefan Reinke konnte sie lösen. Der Beifall am Schluss hielt lange an. Er galt dem Stück und besonders einem Ensemble mit einer großen Leistung ohne Ausfall.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 03.04.2002

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Fulminante Filou-Premiere - "Cash": Komödie jeden Cent wert

Beckum. "Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so sehr gelacht habe wie heute", diese und ähnliche Reaktionen waren am späten Samstagabend im Beckumer Stadttheater gleich reihenweise zu hören, nachdem knapp 350 Zuschauer die Darsteller nach einer fulminanten Filou-Premiere von der Bühne verabschiedet hatten. In Michael Cooneys "Cash - Und ewig rauschen die Gelder" geht es um Bürokratie, Kleinkriminalität und Verwechslungen. Der arbeitslose Vermieter Eric Swan (dargestellt von Hermann Fischer) kennt "alle bekannten Tricks und noch einige mehr", um sämtliche Hilfeleistungen des Sozialamtes in Anspruch zu nehmen Ð nicht nur für sich selbst, sondern gleich für alle Hausbewohner, von denen einige zu allem Überfluss auch noch frei erfunden sind. Als plötzlich Außendienstler Jenkins (Hubertus Ruhmann) vor der Tür steht, um eine harmlose Unterschrift zu fordern, droht das Lügennetz zu zerreißen. Zwar vermag Swan mit Hilfe von Tee und seines Untermieters Norman Bassett (Ralf Klatt) zunächst noch zu improvisieren, doch spätestens als eine Familienfürsorgerin (Lena Ströcker) und ein Bestattungsunternehmer (Tim Sundermann) auftauchen, ist das Unheil nicht aufzuhalten.
Wo Eric Swan ein Leck zu stopfen vermag, tun sich gleich zwei weitere auf. Die Folgen bleiben nicht aus: Männer in langen Unterhosen oder als Frau verkleidet, ein Scheintoter im Behelfssarg, eine übellaunige Waschmaschine und zuletzt die unfreiwillige Auflösung der Geschichte, bei der sich schließlich doch noch alles zum Guten wendet. Nachdem zuletzt überwiegend ernsthaftere Töne die Filou-Bühne dominiert haben, präsentiert das großartig eingespielte Ensemble um Regisseur Ralf Klatt nun zur Abwechslung wieder eine durch und durch heitere Boulevardkomödie. Um so erfreulicher, dass sich die Inszenierung nicht auf der zum Teil schematischen Textvorlage ausruht, sondern durch eine Fülle von zusätzlichen Ideen restlos zu überzeugen vermag. Nur selten ist dem Publikum eine Lachpause vergönnt, die nahezu perfekt gelungene Dosierung aus Tempo und Timing wirkt absolut mitreißend. Klatt selbst hat den schwierigen Spagat zwischen Hauptrolle und Regie mit Bravour gemeistert. "Cash" ist auch Comedy-Freunden wärmstens ans Herz zu legen, bei denen ein Theaterbesuch ansonsten selten oder gar nicht auf dem Programm steht.
Marc Ossenbrink - Die Glocke vom 15.04.2002

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"Hochzeit des Figaro" auf der Filou-Bühne - Starke Premiere im Stadttheater

Beckum. Begeisternder Abend im Beckumer Stadttheater: Nach sechsmonatiger Probenarbeit stellte sich der Theaterkursus für Jugendliche der Kulturinitiative Filou Gerd Sprengers "Hochzeit des Figaro" am Samstagabend dem Premierenpublikum und erhielt am Schluss für die absolut gelungene Darbietung Standing Ovations. Eine überglückliche Meike Wiemann konnte nach der Vorstellung diese Reaktion kaum fassen. Sie führte Regie. Und da gibt es keine Diskussion: Ein guter Teil des Erfolges an diesem Abend ging auf ihr Konto. Das Stück basiert auf der Komödie von Pierre August Beaumarchais, die Wolfgang Amadeus Mozart zur Vorlage für seine Oper nahm. Gerd Sprenger bearbeitet den Stoff vor zwei Jahren zu einer nicht ganz ernst zu nehmenden Neufassung. Die Geschichte ist einfach: Ein Graf pocht auf das "Recht der ersten Nacht" und will seine Bediensteten Suzanne und Figaro erst heiraten lassen, wenn ihm dieses Vorrecht auch zuteil wird. Die beiden versuchen mit viel List und Intrigen diesen Plan zu durchkreuzen. Nicht weniger glücklich als ihre Regisseurin waren auch die 13 Spielerinnen und Spieler, Durchschnittsalter knapp sechzehn Jahre. Eine gute darstellerische Leistung bringt Komik, ohne in Lächerlichkeit abzugleiten. Sie meisterten die Aufgabe mit Bravour.
Die Lacher aus dem Publikum und der häufige Szenenapplaus kamen nicht ohne Grund. Applaus verdient hatten auch die Beteiligten hinter den Kulissen. Das ideenreich gestaltete Beiblatt zur Aufführung beschreibt sie als diejenigen, "ohne die es nicht gegangen wäre". Sie machten aus der Not der knappen Mittel eine aussagekräftige Tugend. Zauberten mit vier Türen und aufpolierten Stücken aus angestaubter Requisite Palastatmosphäre. Nach einer anderen, vorangegangenen Aufführung kommentierte einer der jugendlichen Besucher: "Eigentlich wollte ich nicht kommen. Filou, das ist langweilig, dachte ich. Aber es war toll." Vielleicht saß er auch diesmal im Publikum. Er würde dasselbe gesagt haben.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 27.05.2002

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"Der Talismann": Mit Besetzung glückliches Händchen bewiesen

Beckum. Unter einem ungünstigen Stern schien die neueste Premiere der Kulturinitiative Filou zu stehen, für die sich am vergangenen Samstag im Beckumer Stadttheater der Vorhang öffnete. Zuerst hatte Regisseur Christian Feist für seine Inszenierung von "Der Talismann" im Vorfeld mehrfach die schauspielerische Besetzung ändern müssen, dann fand die Premiere des Stückes von Johann Nestroy auch noch vor einem nur mäßig gefülltem Hause statt - hef-tiger Regen und ein starkes kulturelles Konkurrenzprogramm konnten an diesem Abend nur wenige Beckumer zu einem Theaterbesuch motivieren. Der guten Leistung des achtköpfigen Ensembles tat dies jedoch keinen Abbruch. "Der Talisman" erzählt von dem rothaarigen Titus (dargestellt von Ben Abbing), der aufgrund seiner Haarfarbe mit Vorurteilen und Unterdrü-ckung zu kämpfen hat. Als ihm der Friseurmeister Marquis (Sascha Eickelmann) aus Dank-barkeit für eine lebensrettende Tat eine Perücke schenkt, sieht Titus seine Chance gekommen. Mit neuem Aussehen und einer gehörigen Portion Charme verdreht er gleich drei starken Frauen den Kopf und gelangt überdies an ansehnliche Berufe - bis der Schwindel auffliegt und ihm zu guter Letzt nur noch die schöne Salome (Andrea Wiesrecker) bleibt, die ihn von Anfang an gewollt hat.
Überwiegend mit Erfolg hat Christian Feist bei seinem Regiedebüt großen Wert auf die Cha-rakterausarbeitung der einzelnen Rollen gelegt. Ben Abbing gewann vor allem durch den ko-mödiantischen Teil seiner Darstellung die Sympathien des Publikums, ebenso wie durch zwi-schenzeitliche musikalische Einlagen am Klavier. Etwas reduzierter dagegen hätten die ag-gressiveren Töne ausfallen dürfen, die bisweilen wirkungslos verpufften. Die Möglichkeiten des atmosphärischen Bühnenbildes wurden nur selten ausgeschöpft, so dass die Inszenierung mitunter etwas an der Oberfläche blieb. Ausgeglichen wurde dies jedoch durch die starke Bühnenpräsenz der Darstellerinnen Maria Abrams, Lena Ströcker und Katrin Dobritz, denen als Gegenpol das bewusst gelassene Gemüt des Plutzerkerns entgegengesetzt wurde: Für des-sen Verkörperung war mit Bühnenneuling René Orosz eine talentierte Besetzung gefunden worden. Redlich verdient war daher der herzliche Applaus, den das Publikum dem Ensemble für die zweite und zugleich letzte Aufführung am Sonntag mit auf den Weg gab.
Marc Ossenbrink - Die Glocke vom 15.07.2002

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Filou-Saisoneröffnung mit beeindruckender Premiere

Beckum. Die Zuschauer nahmen am Sonntagabend auf der Bühne Platz. Vor ihnen nur einige wenige Requisiten: zwei Sessel, ein Tischchen, eine Staffelei. Dahinter eine endllos scheinende Weite von verwaisten Theaterstühlen. Die 64 Besucher, die noch eine Karte für die ausverkaufte Premiere "Die Sommergeschwister" im Filou-Theater ergattert haben, sind mittendrin.
Ohne Barrieren werden sie hautnah mit den Schicksalen von Silvia, Adele und Paolo konfrontiert. Nach zehnjährigem Amerika-Aufenthalt kehrt Silvia (Katrin Dobritz) in das Haus am See zurück, in dem sie die Sommer ihrer Kindheit verbracht hat. Dort trifft sie auf ihre Geschwister Adele (Inka Mimberg) und Paolo (Christopher Zumbült). Silvia hofft, Erlebnisse und Ängste in der trauten Geborgenheit ihrer Geschwister verarbeiten zu können. Doch die Gespräche sind einseitig, gezeichnet von Schuldzuweisungen gegenüber dem Geschwister-Teil, der gerade nicht im Raum ist. Adele, geschiedene selbstbewusste Grundschullehrerin mit Sohn, interessiert sich nur für die Lektüre ihrer Zeitungen. Paolo, Politikwissenschaftler, ist seit drei Jahren arbeitslos. Er lässt sich von Adele herumkommandieren. Er ist der einzige, der immer wieder Fragen nach der Vergangenheit stellt. "Warum bist Du nicht zu Mutters Beerdigung gekommen", will er von Silvia wissen, die die Antwort schuldig bleibt. Paolo entledigt sich des psychischen Drucks, den sein bei einem Autounfall ums Leben gekommener Vater bei ihm aufgebaut hat. "Er wollte uns umbringen, immer wieder hat er es versucht."
Paolo macht ihn auch für den Selbstmord der Mutter verantwortlich, Silvia und Adele halten sich zurück. Die beiden Frauen gehen ihren eigenen Weg, sind so mit eigenen Problemen belastet, dass eine Annäherung oder Konfliktbewältigung nicht stattfinden kann. So wundert es nicht, dass Silvia am Ende zurückkehrt nach Amerika, wieder einmal auf der Flucht. Adele beginnt zu arbeiten und träumt von einer "heilen Familie". Zurück bleibt Paolo, der den starken Wunsch verspürt, das Haus in Ordnung zu halten. Ein Neubeginn in seinem verbitterten Leben oder Resignation? Der Regen verwischt die Spuren, am Ende ist er allein. Nach der Vorlage des italienischen Autors Cesare Lievi setzte Regisseur Christain Tietz die "Sommergeschwister" um.
Gepaart mit dem schauspielerischen Talent der Akteure konnte der Erfolg nicht ausbleiben. Der nicht enden wollende Beifall war der beste Beweis. Noch am 5. und 6. September und 10. und 11. Oktober hebt sich der Vorhang im Filou-Theater für eine beeindruckende Aufführung, die sich niemand entgehen lassen sollte.
Angelika Knöpker - Die Glocke vom 04.09.2002

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Starke Premiere für das Filou-Weihnachtsstück
Das turbulente Krippenspiel der Herdmanns

Beckum. "Die Rache von Bethlehem" - ein Krippenspiel als Action-Comic. So stellen sich die Herdmanns anfangs das traditionelle Weihnachtsspiel ihrer wohl geordneten Heimatgemeinde vor. Am Sonntagnachmittag erschienen diese sechs "schlimmsten Kinder aller Zeiten" in "Hilfe, die Herdmanns kommen!" bei Filou auf der Bühne des Stadttheaters. Ihr Auftritt ließ nur ahnen, wie der Seufzer "Lieber Gott ich danke dir, es sind keine Herdmanns hier!" entstanden sein mochte. Sie schlenderten herein - und zogen die großen und kleinen Zuschauer in den Bann. Und ausgerechnet diese Bande hat alle Hauptrollen des Krippenspiels an sich gerissen. Von der Weihnachtsgeschichte wissen sie gar nichts.
Bei den Proben ersetzen sie den Verkündigungsengel durch Batman, Herodes als den Verursacher allen Übels wollen sie sofort an den Kragen. Verständlich, dass die übrigen angepassten Kinder der Gemeinde, ihre Eltern eingeschlossen, vor beinah unlösbaren Problemen stehen. Am Ende des Stücks auf der Bühne sind sich dann allerdings alle einig: Das war das beste Krippenspiel, das jemals aufgeführt wurde. Der Grund dafür sind ausgerechnet wieder die Herdmanns. Diesmal im positiven Sinn: Sie gaben dem geheimnisvollen Spiel von der Geburt des Herrn das Leben zurück, das ihm der Staub erstarrter Formen genommen hatte.
Christian Tietz führte die Regie. Man kann ihm zu der sicheren Hand gratulieren, mit der er die 20 Akteure und das Team hinter der Bühne führte. Diese im übrigen erfreulich große Zahl von "Filouzies" unter einen Hut zu bringen, keine leichte Aufgabe. Aber sie waren nicht nur diszipliniert im Spiel. Fast ohne Ausfall artikulierten sie den Raum füllend. Das bei Kindern diesen Alters zu erreichen, verdient Anerkennung. Und: Es spielten alle mit, sie gingen aufeinander ein, sie ließen nur ganz selten die verständliche Nervosität einer Premiere spüren. Sie machten selbst das etwas karge Bühnenbild vergessen.
Mit einem konnten sie allerdings nicht fertig werden: einer Beleuchtungstechnik, die Teile ihrer Auftritte unpassend im Halbdunkel beließ. Das ist man von schlecht ausgestatteten Gemeindesälen und Schulaulen gewöhnt. Einem Theater ist das unangemessen. Den Zuschauern im gut besuchten Stadttheater ging es, wie denen auf der Bühnen: Sie zeigten durch Szenenapplaus und langen Beifall am Schluss: "Das war ein wirklich gutes Krippenspiel". Und das "He, euch ist ein Kind geboren!" könnte sogar zu einem frischeren Gefühl für das Weihnachtsgeschehen sorgen.
Neben den vier bereits ausverkauften Schulveranstaltungen sind die "Herdmanns" im Beckumer Stadttheater noch am 15., 22. und 25. Dezember zu sehen.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 10.12.2002

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Shakespeare neu in Form gebracht

Beckum. Shakespeare seiner klassischen Gewänder entkleidet: Oberon, der Elfenkönig, im Schlafanzug? Wann bekommt man das schon einmal zu sehen. Die aktuelle Premiere bei Filou am Samstag verhalf dazu. Unter der Regie von Jens Peters und Christian Tietz spielte das engagiert auftretende 18-köpfige Ensemble Shakespeares Sommernachtstraum.
Das Szenario: der Märchenwald der Renaissance ausgetauscht gegen den Empfangsraum eines Bordells wie im Boulevardtheater. Hier nun spielt sich das seltsame Verwirrspiel ab: Hermine liebt Lysander, darf aber nicht. Demetrius dürfte, Hermine will aber nicht. Helena liebt Demetrius. Der will aber nicht, denn er liebt Hermine. Dass hier nur außernatürliche Mächte helfen können, ist klar. Oberon kennt die Kraft des Veilchens, die er mit der neue Verwirrung stiftenden Hilfe seines Gnoms Puck einsetzt. So löst er das Problem schließlich zu aller Zufriedenheit. Die Komödianten kamen. Was mit Oberen beginnt, setzt sich bei den übrigen Akteuren fort: Theseus, Herzog von Athen, und Hippolyta, die Amazonenkönigin, treten wie Mitglieder des Operettenadels auf: Demetrius und Helena, Lysander und Hermina, die beiden Liebespaare des Stückes, in keinem Stil zuzuordnenden Kostümen aus dem Gebrauchtkleider-Sack. Ein Gnom erheitert mit Pumuckel-Frisur im Afro-Look. Und die schauspielernde Handwerkergruppe erinnerte gekonnt an das Volkstheater ländlicher Feuerwehrtruppen.
Tat dieser Stilmix dem Stück und seiner Aufführung Abbruch? Keineswegs. Das Spiel um Liebe, Liebe, Liebe, um Intrigantentum und Zauberei amüsierte sein Publikum. Akteure, die den Mut fanden, sich selbst, auch vor einem Premierenpublikum gelegentlich nicht ganz ernst zu nehmen, trugen dazu bei. Geführt von der sicheren Hand einer klugen Regie spielte das Ensemble diszipliniert, wenn auch mit gelegentlichen Schwächen in der Sprachmodulation.
Die Stärke der Aufführung lag eindeutig im komödiantischen Bereich. Immer wenn der Verlauf des vom Autor vorgegebenen Konfliktes zwischen Sollen und Wollen in seiner Spannung nachzulassen drohte, sorgten vor allem Figuren wie etwa der Gnom oder der Weber Klaus Zettel für Lacher. Sicher von Shakespeare so gewollt. In diesem Fall kongenial vom Ensemble umgesetzt.
Premieren bei Filou sind immer ein besonderes Ereignis. Selten dürften Akteure im Theater von ihren Zuschauern mit soviel wohlwollender Spannung erwartet ; werden. Dass sie alle nicht enttäuscht wurden, zeigten an diesem Abend Standing Ovations am Schluss der Aufführung. Ernst Eggert - Die Glocke vom 14.01.2003

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Gelungene Filou-Premiere: "Helden wie wir"
Portrait mit vielen Facetten

Beckum. Dreierlei "Bemerkenswertes" brachten René Orosz (Inszenierung) und Christian Feist am Samstagabend auf die Bühne des kleine Saales im Stadttheater (Filou): Einen Text, der schon in der Romanfassung seit 1995 kontrovers diskutiert wird. Ein Bühnenbild voller Symbolkraft, mit Liebe zum Detail, und die 80-minütige Selbstdarstellung des "Helden", die ergreifen konnte. Der Text des Ein-Personen-Stückes "Helden wie wir" stammt aus der Feder von Thomas Brussig. Er verknüpft die letzten Jahre in der Entwicklung der DDR bis zu ihrem Ende mit den Berichten von einer zwischen pubertären Sexträumen und Realitäten verklemmten und damit ungesunden Entwicklung der (Un-)Persönlichkeit des Klaus Uhlzscht. Der Autor präsentiert den Exhibitionismus seines dann 21-jährigen Helden als finalen Auslöser zum Fall der Mauer. Peinlich, weil so nicht nur die historische Zusammenhänge brutal des Gags wegen verharmlost werden. Peinlich auch, weil das Stück mit Penetranz in Diktion und Gehalt auf dem Niveau der frauenfeindlichen Sexphantasie des "Herrenwitzes" angelegt ist. Da bleibt dem Zuschauer keine Tiefe erspart, bis hin zur Niederung der Sodomie am toten Objekt. Die Darstellung einer sexuellen Fehlentwicklung als Alibi für die Zote. Und der Autor konnte sich auch am Freitag auf sein wohl kalkuliertes Publikum verlassen. Ein reichlich billiger Mechanismus. René Orosz und Christian Feist behandelten diesen Text auf die einzig richtige Weise: Sie hielten sich von der Standup-Comedy fern. Eine Richtung, die dem Geschmack des Autors ebenso wie vielen seiner Rezensenten in diesem Fall wohl genehmer gewesen wäre. Nein, sie zeichneten die Figur des Klaus mit den Zügen eines zu bemitleidenden Menschen, der auf der Stufe der Infantilität stecken geblieben ist. Ein von Vater, Mutter und staatlichem System fehlgeleitetes Kind, das bei aller manchmal verblüffenden Einsicht nicht erwachsen werden konnte. Hypermotorisch agierte Feist in dieser Rolle vor dem Hintergrund einer Baustelle, die stillgelegt zu sein scheint wie seine Entwicklung. Feist meisterte die Gratwanderung zwischen Debilität und Klarsicht über die ganze Strecke mit überzeugendem Erfolg. Und selbst im kräftigen Strom der Emotionen behielt er meist die Zeit für die stillen Töne und zeigte auch hier, dass er die Ausstrahlung besitzt, die bis ins Herz des Zuschauers reicht. Man kann den beiden zu dieser Leistung aus einem Guss nur gratulieren. Das spürte auch das Publikum. Es entließ sie mit anhaltendem Beifall.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 25.02.2003

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Macher, Stars und Sternchen

Beckum. Mit "Creeps", das am Samstag eine glanzvolle Premiere feierte, hat sowohl ein Thema aktueller deutscher Jugendkultur als auch eine zutiefst kritische Hinterfragung medien-gesteuerter Star- und Sternchen-Macher-Methoden die Bühne des Beckumer Stadttheaters erreicht.
Noch ganz im "Deutschland sucht den Superstar-"Fieber", schlagen die Wellen hoch, wenn es um das ultimative Casting-Angebot geht. So ergeht es auch Petra (Maike Klünemann) Lilly (Kerstin Mertenskötter) und Maren (Elisabeth Tillkom), die sich alle drei als Moderatorinnen für die neue "Trend-Fashion-Music-Show" bewerben. Die Kulisse: ein nüchtern gehaltenes Studio und die Background-Stimme eines gnadenlosen Regisseurs namens Arno (Christopher Zumbült), der den Konkurrenzkampf anheizt. Da stehen sie nun, die drei hochmotivierten jungen Mädchen, die sich aufgrund ihrer persönlichen Biographie ganz viel von diesem Job versprechen. Doch allzu schnell wird ihnen bewusst, dass sie auf diesem Parkett zusehends zu "Menschen-Material" verkommen, dass sie der Traumjob in der Glitzerwelt ihre Persönlichkeit kosten wird, dass Menschlichkeit nicht zählt.
Abwechselnd verbünden sich jeweils zwei der Kandidatinnen, um sich anschließend wieder hemmungslos auszutricksen. Zunehmend gerät die persönlicheProblematik der jungen Mädchen in den Vordergrund und fesselt den Zuschauer. Die Rolle der "coolen" Tochter eines Medienmoguls gerät ins Wanken, das Thema Ossi-Wessi wird pointiert-emotional an dem spießbürgerlichen Freund Konrad festgemacht, und ein Scheidungskind übernimmt die Verantwortung für seine Mutter. Drei Lebenssituationen im Spiegel der rosigen Versprechungen einer angesagten Scheinwelt mit "Plastik-charme und Kultfaktor" - wie im wirklichen Leben eben. Versöhnlich und ein wenig irreal die Auflösung: Der TV-Sender "Creeps" produziert tatsächlich einen trendigen Video-Clip, die drei haben es geschafft, ohne sich als Langzeit-Moderatoren verheizen lassen zu müssen. Dieser Job war im Vorfeld längst an eine Kathleen (Ines Hohmann) vergeben. Die Kohle stimmt und sie sind raus aus der Nummer.
Ende gut - alles gut? Das Stück "Creeps" vom Drehbuchautor Lutz Hübner stimmt nachdenklich, die Rollen sind perfekt besetzt, und die jungen Schauspielerinnen überzeugen durch hervorragendes Können. Grund genug, sich für die Aufführungen am heutigen Mittwoch, 9. April, oder am Freitag/Samstag, 11. und 12. April (jeweils 20 Uhr), schnell noch Karten zu besorgen.
Oda Findorff-Otto - Die Glocke vom 09. April 2003

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Schwere Disharmonien hinter der Fassade der Beherrschung

Beckum. Es lohnt sich immer wieder neu, die Eigenproduktionen des "Filou" zu besu-chen. Das muss nicht mehr hervorgehoben werden. Da machte auch die Premiere von Patrick Süskinds "Kontrabass" mit Jens Peters keine Ausnahme. Deshalb sei hier in aller Entschiedenheit der Vorwurf an das Beckumer Publikum erhoben: Der Abend hatte mehr als nur einen leidlich gefüllten kleinen Saal verdient.
Schon der Entschluss von Jens Peters, den Solopart" in einem Einpersonenstück als erste große Rolle zu übernehmen, verdient Aufmerksamkeit. Denn das erfordert zunächst einmal ungeheuren Mut. Da ist niemand, der einem hilft, Schwächen zu überspielen. Da steht man allein dem kritischen Auge des Publikums gegenüber.
Jens Peters in der Rolle des vom Schicksal und von seinem Instrument gleichermaßen gepeinigten Bassisten hielt dem prüfenden Blick stand. "Ich habe mich unter Kontrolle", lässt Süskind ihn in seiner Spießigkeit sagen.
Diesen Charakterzug im Wesen des Bassisten hatte Jens Peters im Griff. Er dozierte: über den Kontrabass und seine Literatur, über das Orchester als das Spiegelbild der Gesellschaft. Er reflektierte: Über seine unglückliche, weil unerfüllte Beziehung zu der jungen Sopranistin Sarah. Über seine Hassliebe zum Kontrabass, den letzten Endes nicht er, sondern der ihn heimtückisch beherrscht. Über sich selbst mit seiner eitlen, selbstgefälligen Fassade, die in Frustration und Resignation zerbröckelt.
Hin und wieder bricht der Bassist aus seinem Korsett der Beherrschtheit aus. Da werden Emotionen frei, von der Wut bis o zur Verzweiflung. Hier sind die
Details, bei denen die Regie (Tendayi Plokartz / Natalie Klis) und Darsteller nachbessern könnten.
Das Bühnenbild, ausgestattet von Kristina Feichtinger, spiegelte gelungen die Seele der Hauptperson: abgebrauchtes, nichtssagendes, kleinbürgerliches Mobiliar, die Musikanlage in Versandhausqualität. Das Ganze allerdings ins Licht gesetzt von einer Steuerung mit einem eigenwilligen Eigenleben, das den Bezug zum Ablauf des Stückes nur zufällig fand.
"Sarah!" - wird dieser unvermittelte Schrei, ausgestoßen von einem Bassisten am dritten Pult zu Beginn einer Gala tatsächlich für Skandal und Aufmerksamkeit sorgen? Sich selbst ein Urteil darüber zu bilden, bleibt dem Beckumer Publikum noch Gele-genheit: Weitere Aufführungen sind am 9. Mai und am 10. Mai.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 5. Mai 2003

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Ein-Personen-Stück mit zwei Schauspielern besetzt

Beckum. Mit einer Überraschung beendete Filou am Sonntagabend seine Veranstaltungen zum 20-jährigen Bestehen: Als Premiere gab es "P'tit Albert" von Jean-Marie Frin. Hätte der Handzettel zur Aufführung den Besucher nicht eines Besseren belehrt, hätte er über ein Experiment und seine inszenatorischen Hintergründe nachgedacht: Man musste sich entschließen, die tragende Rolle dieses Ein-Personen-Stücks mit zwei Schauspielern zu besetzen: Tim Mackenbrock und Christian Tietz teilten sich in zwei fließenden Übergängen den Part.
Die Gründe für diese Lösung sollen hier nicht diskutiert werden. Unverhofftes gehört zum Theater-Alltag. Honorieren wir die Ehrlichkeit. Denn immerhin entstand so eine dramaturgisch nicht uninteressante Situation.
Schon zu Beginn der Vorstellung wurden die Zuschauer am Saaleingang in Empfang genommen, auf die Bühne geführt. Sie erhielten ihre Plätze an einer langen Tafel zugewiesen. An beiden Kopfenden saß Tom, hier eben in zweifacher Person. Tom führte sich als Pfleger ein, der die "Sabberer" zu versorgen hat. Christian Tietz war Tom. Freundlich, nachdenklich, gelegentlich in Absencen absinkend, wichtig, ständig in Bewegung. Er ließ nachdenken: Wieviel von seiner Demenz ist simuliert?
Als Tim Mackenbrock übernahm, hatte er es schwer: Er musste fortsetzen, was ein anderer als anspruchsvolle Vorgabe begonnen hatte. Tietz hatte die Weichen gestellt, Mackenbrock musste folgen. Keine beneidenswerte Aufgabe. Welch Wunder, dass er gelegentlich den Eindruck vermittelte, nicht Tom zu spielen, sondern Tietz als Tom.
Die Zuschauer spielten mit. Aßen angebrannte Linsensuppe, von Tom serviert, und fragten sich spätestens am Schluss des Stückes, was denn da eigentlich mit ihnen passiert war: Hatte dieser Depp-Ersten-Ranges sie schon mit Erfolg in die Rolle der Schwachköpfe gedrängt? Oder was hielt sie noch Äpfel kauend an ihren Plätzen, als die beiden Akteure längst die Bühne verlassen hatten?
Ernst Eggert - Die Glocke vom 21.05.2003

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Die feine Gesellschaft - mal gar nicht so fein

Beckum. Es war ein vergnüglicher Abend. Der Theaterkursus für Jugendliche hatte mit Ulrich Engelmanns "Fein, aber gemein" in die High Society eingeladen. Eine Geburtstags-Party sollte es werden, was da in Campbells Cottage über die Bühne gehen sollte. Aber die rechte Partystimmung wollte nicht aufkommen.Daran war das Publikum im Stadttheater am Freitag nicht schuld. Im Zuschauerraum saßen die Fanklubs und unterstützten die Akteure auf der Bühne mit immer neuem, verdienten Beifall. Daran waren auch, weiß Gott, nicht die Zwölf auf der Bühne schuld. Sie spielten flott und verbreiteten gute Laune. Es lag auch nicht am Stück. Inhaltlich ist es zwar nur so "la-la", Sommertheater, Amüsantes für warme Abende. Und es ließ genügend Raum für das Ensemble, seine Talente auszuspielen: den beschränkten Lord Hamilton in seriösem Zwirn und dem aufgesetzten Lachen, die Lizzy, dümmlich, aber mitten im Leben, die Gloria, verrucht aber herzlich, den Escortman in seiner ganzen lüsternen Professionalität. Und all die anderen, die in ihren Rollen aufgingen und bewiesen, was ihnen Meike Wieman als Regisseurin und Kursleiterin auf dem Programmzettel bescheinigt: "Ihr seid mehr als ein Kursus - wir sind ein Team." Nein, es lag an den Umständen. An dem Spiel um Sein und Schein. Symbolisch dafür die beiden "wertvollen" Gemälde, eins auf dem Gartenstuhl, eins aus dem Reisekoffer gezogen: alles andere als echt. So waren auch die Mitglieder dieser gehobenen Gesellschaft voll damit beschäftigt, anders zu erscheinen als sie sind oder sein müssen. Eine Mühe bis hin zur körperlichen Erschöpfung, in der zwischenzeitlich alle auf die Bretter sanken. Aber nein, das war ja nicht Erschöpfung, sondern die Wirkung von Schlaftabletten in der Bowle. Gut, dass wenigstens einige den Durchblick behielten. Einige und natürlich das Publikum, das seine Lieblinge zu Recht am Schluss des Abends feierte, die Zwölf, alle Helfer und natürlich die Kraft hinter dem Ganzen: Meike Wiemann.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 16.06.2003

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Brennende Finsternis in überzeugender Umsetzung

Beckum. Da hatten sie sich auf allerhand eingelassen, die acht Akteure vom Filou. Und es war alles andere als leichtes Sommertheater am Samstag auf der Kleinen Bühne des Stadttheaters. Mit Buero-Vailechos "Brennende Finsternis" begaben sie sich in einen absoluten Grenzbereich. Sie unterwarfen sich der Forderung des Textes: Das Stück spielt unter Blinden. Das bedeutet für die Darsteller den Verzicht auf den wirksamsten mimische Ausdrucksträger: den Blick des sehenden Auges. Und sie bewegten sich in einer Erfahrungswelt, die ihnen als Sehende unzugänglich bleibt.
Was sie an ihr Publikum vermitteln mussten, waren vielschichtige Gefühlskomplexe: Liebe und Enttäuschung, Unsicherheit und Angst, Starrsinn und Wut. Und die Sehnsucht nach nicht Erreichbarem. Alles verpackt in den Konflikt zwischen einem die Fröhlichkeit gebietendem System und einem unangepassten Querdenker, der dieses System und die ihm unterworfenen Menschen zu zerstören droht.
Bei der Aufgabe blieb es gar nicht aus, dass sich bei der beeindruckenden Gesamtleistung einige wenige Unebenheiten einschlichen: Der Textfluss holperte bei der Premiere noch hier und da. Der Anteil der "Streicheleinheiten" als Ausdruck von Nähe und Vertrautheit bedarf vielleicht neuen Nachdenkens.
Doch damit genug. - Gefühle äußern ohne die Augen sprechen zu lassen. Wie macht man das? Gefühle vermitteln, die einem in der Realität fremd sind, wie zeigt man sie? Die Acht wussten wie.
Mit guter Modulation in Bewegung und Sprachmelodie gelang es ihnen, nicht nur trotz des ihnen auferlegten Defektes ausdrucksstark zu bleiben. Mehr noch; ihre blicklosen Augen ließen die Orientierungslosigkeit dieser Figuren auf der Bühne so sehr bewusst werden, dass man nach der Vorstellung die Darsteller am liebsten gebeten hätte "Sieh mich doch jetzt mal richtig an." Um sich zu vergewissern, sie konnten es noch. So wusste man am Schluss nicht, was man mit dem Beifall mehr belohnte: ein aussagekräftiges Stück oder seine gekonnte Umsetzung. Bei aller Bedingtheit des einen durch das andere: Es war wohl Letzteres.
Weitere Aufführungen des Stücks "Brennende Finsternis" sind am Mittwoch, 23. Juli, und am Samstag, 26. Juli, im Stadttheater zu sehen.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 22.07.2003

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Gefühle pur: Intensives Erleben von Zuneigung und Schmerz

Beckum. Die ersten fünfundvierzig Minuten der neuen Saison bei Filou waren etwas Besonderes. Nicht nur, weil mit ihnen am Sonntagnachmittag die Kinderkulturreihe "JoJo" begann. Nicht nur, weil mit Kurt Rastätter (65) und Anja Plaßmann (12) zwei Generationen zusammen auf der Bühne standen.
Der Auftakt der Saison war etwas Besonderes, weil das Premierenpublikum ein Stück erlebte, das seltsam anrührte. Das mit einer Wärme umfing, der man sich auch nach dem letzten Applaus nur schwer entziehen mochte.
"Die Seiltänzerin" heißt das Stück. Es erzählt die Geschichte von Esme und ihrem Opa Stan. "Manches bleibt wie es ist": Jedes Jahr kommt Esme im Sommer ihre Oma Queenie und ihren Opa besuchen. "Manches verändert sich": Dieses Jahr ist Oma nicht mehr da. Opa Stan erfindet eine Geschichte, um ,den Grund dafür zu erklären: Oma Queenie hat sich ihren Traum erfüllt, ist mit einem Zirkus mitgezogen und Seiltänzerin geworden.
Die Stille, mit der die jungen Besucher ebenso wie die Erwachsenen der Handlung folgten, war phasenweise so intensiv, dass man meinte, man könnte sie fühlen. Das lag zum einen an dem bei aller Einfachheit eindringlichen Text. Es lag aber an diesem Nachmittag vor allem an den beiden auf der Bühne.
Anja Plaßmann spielte Esme mit so vielen guten Ansätzen, dass es eine Freude war, ihr zuzusehen. Nichts wirkte aufgesetzt. Sich in einer Rolle zu bewegen war bei ihr natürliches Spiel. Kurt Rastätter dagegen schien den Opa Stan nicht zu spielen, er war Opa Stan, der liebevolle Großvater. Ohne jedes Pathos aber manchmal mit der Entrücktheit eines Menschen, für den die Erinnerung und der selbst gesponnene Traum zur aktuellen, tröstenden Realität wird. Es war kein Kindertheater, wenn man das als leichte Unterhaltung für die Kleinen interpretiert. Für sie dürfte es ein Gefühlserlebnis in den Räumen Zuneigung und Schmerz gewesen sein. Das Erlebnis für die Erwachsenen ging darüber hinaus auch in den intellektuellen Bereich, in die Auseinandersetzung mit Verlust und Einsamkeit. Beiden, Großen und Kleinen ab acht Jahren, sei das Stück unbedingt empfohlen.
Die weiteren Termine: Donnerstag, 2. Oktober, 20 Uhr, Freitag, 3. Oktober, 16 Uhr.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 01. Oktober 2003

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Spielfreude der Kinder begeistert

Beckum. In der Garderobe hatten sie noch Lampenfieber, doch kaum hob sich der Bühnen-vorhang, war es so schnell verschwunden wie es gekommen war. Eine glanzvolle Premiere erlebten 200 kleine und große Besucher mit dem Theaterstück "Die verflixte Hexenprüfung" am Samstag im Stadttheater. Regisseurin Meike Wiemann hatte das Kindertheaterstück von Samira Rippegather in der Kindertheaterreihe "JoJo" eindrucksvoll in Szene gesetzt.
Eineinhalb Stunden hielten die neun Akteure die Besucher in Atem, ging es doch um das aufregende Leben einer Hexe. Mit viel Humor und Hexerei kämpfen die ordnungsliebende Nele (Camille Sprenger) und die chaotische Merle (Astrid Mertensköttter) um zwei Hexentöchter. Alle 200 Jahre dürfen die Hexenschwestern einen Antrag beim Hexenrat stellen, und am Samstagnachmittag war es soweit. Alle Hexen, die eine Hexentochter haben möchten, müssen in der Walpurgisnacht eine Prüfung ihrer Fähigkeiten als verantwortungsvolle Hexenmütter ablegen.
Doch 13 Tage vorher darf man nicht hexen, was Merle und Nele auf eine harte Probe stellt. Sie nehmen mit ihren 978 3/4 Jahren jetzt schon zum dritten Mal teil, weil sie nie die Prüfung bestan-den haben. Das ist ihre letzte Chance, sonst verlieren sie den Anspruch auf ihre Töchter und die Aufnahme in den Hexenrat. Merles Hauskatze Penelope( Vanessa Czuba) und Neles Ratte Muffel (Sabrina Ansahl) sowie Jule (Ann-Christin Ingenhorst) bemühen sich, die beiden nach allen Kräften zu unterstützen.
Spannend wird die Geschichte, weil die grantige Oberhexe (Nada Assaad) und ihre beiden Spione 1000 Augen (Shawn Carter) und 1000 Ohren (Andreas Goebel) mit allen Mitteln versuchen, Merle und Nele wieder einmal durchfallen zu lassen.
Aber Ende gut - alles gut, nach eineinhalb Stunden turbulenter Ereignisse auf der Bühne siegt das Gute, die beiden bekommen ihre Hexentöchter.
Neben einer großen Spielfreude beeindruckte die Theaterbesucher auch die gelungene Wahl der Kostümierung und Schminke (Eva Wiemann und Andrea Bönninghoff) und wirkungsvollen Geräuscheffekte von Günter Burchert. Mit einem lang anhaltenden Beifall dankte ein begeis-tertes Publikum für die gelungene Aufführung, die am Sonntagnachmittag noch einmal zahlreiche Besucher ins Theater lockte.
Angelika Knöpker vom 13.11.2003

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Perfekte Mischung: Gesang, Tanz und Musik

Beckum. Wieder einmal einen Hit landete Filou am Freitagabend auf eigener Bühne im Stadttheater. Vor vollem Haus präsentierten der erst in diesem Jahr gegründete Musical-Chor, die Musical-Class und das Tanztheater Filou als Premiere ihrer Show "J.C. 2003".
Profihaft. So wirkte diese audiovisuelle Mischung aus Chorgesang, Tanz und Worttheater auf das Premierenpublikum. Eine Musical-Show mit Stärken und Schwächen dieses Genres wie bei den Profis.
Frank Rossa, verantwortlich eigentlich für alles, Skript, Arrangements, musikalische Leitung und Regie, hatte Details aus dem Leben Jesu zu einem "roten Faden" versponnen. Anspruch auf biblische Qualität erhebt er sicher nicht. Aber als Leitlinie zwischen den Musikstücken genügte der Text seiner Aufgabe.
Die Trägerinnen und Träger dieser Sprechrollen fanden sich im Verlauf des Abends immer besser in ihre Parts, aber ihre Stärken lagen doch eher im Gesang. Wie bei den Profis, bei denen die meisten wohl bessere Sänger als Schauspieler sind.
Das eben ist Musical. Was zählt, ist die Musik. Und die wurde an diesem Abend mitreißend und vital geboten. Zentriert um das Kernthema hatte man eine gelungene Auswahl aus der Vokalmusik getroffen, vom rhythmisch artikuliertem Jubel bis zur streng formierten Trauer.
Es sollte eine Chor-Show sein. Aber da baute sich nicht einfach eine Gruppe von Singenden auf der Bühne auf. Da bewegte sich diese Gemeinschaft zu ihrer Musik, formierte sich zu Bildern, sandte auch optisch Botschaften aus, die das Publikum aufnehmen konnte. Eine Ensembleleistung, die das Auditorium in Bann zog.
Musical heißt auch Tanz. Wie schon bei anderen Gelegenheiten zeigte die Gruppen um Bettina Essmeier und Carolin Quos, auf welch hohem Niveau beim Filou gearbeitet wird. Bildeten der Chor mit seinen Ausdrucksformationen den Hintergrund, so realisierte sich die ganze Kraft seiner Musik in der Choreographie eines Tanzensembles, das präzise und einfallsreich rhythmische Bilder auf die Bühne zauberte. Mit Leichtigkeit vorgetragenes Ergebnis schwerer Probenstunden. Kein Wunder, dass hier Szenenbeifall gespendet wurde.
Unterstützt wurde das Schauspiel von einer Lichttechnik, die die beschränkten Möglichkeiten des Stadttheaters voll ausnutzte, Stimmungen schuf, Formationen mit trug. Dank an Günter Burchert an den Reglern.
Schlussapplaus vom stehenden Publikum für einen Abend, der weiter große Leistung erwarten lässt, den hatten sich die Akteure verdient.
Ernst Eggert - Die Glocke vom 8.12.2003